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Journal 2016

Gemälde "Stamm" fertig

(27.12.2016) Mein neues Bild habe ich am 30.11. begonnen, am 13.12. weitergemalt, und heute beim dritten Termin ist es schon fertig. Ob der Titel "Stamm" bleiben wird, weiß ich noch nicht, ich betrachte ihn noch als Arbeitstitel.

stamm
"Stamm", 2016, Öl auf Hartfaser, 60 cm x 80 cm

"Light in Babylon", Weltmusik

(25.12.2016) Ein Zufallsfund auf YouTube bei der Suche nach Musik auf der Zymbal. Das längere Stück "Hinech Yafa" gefällt mir aber so gut, dass ich es sicherlich bisher ein Dutzend Mal angehört habe.

Light in Baylon
Light in Babylon

"Light in Babylon" ist ein 2010 gegründetes Weltmusiktrio aus Istanbul. Folgende Mitglieder gehören dauerhaft dazu:

"Light in Babylon" treten auf der Strasse, in Cafés und an bekannten Istanbuler Veranstaltungsorten auf. Bisher haben sie zwei Demoalben herausgebracht (2010 und 2011) und arbeiten an einem regulären Album.

Informationen und schöne Bilder gibt es hier: https://de.qantara.de/inhalt/weltmusik-aus-istanbul-light-in-babylon-botschafter-des-friedens

Yuki Koshimoto, Musik auf der Spacedrum

(25.12.2016) Auch auf Yuki Koshimoto bin ich nur zufällig gestoßen. Yuki ist Weltreisende, Straßenmusikerin und Schmuckmacherin, wobei eins ins andere greft: Mit dem Schmuckverkauf und den Auftritten finanziert sie ihre Reisen, und die Musikvideos auf YouTube und Facebook sind eine schöne Werbung für ihren Schmuck. Die Auftritte und der Schmuckverkauf können "incredibly lucrative" sein, wie ein neugieriger Fan aus Yuki herauskitzelte. Es sei ihr gegönnt.

Yuki Koshimoto
Yuki Koshimoto und Taku

Yuki spielt eine thirteen-note chromatic Spacedrum, die vom Klang etwas von einer Steeldrum hat. Zugegeben gefällt die Musik deutlich besser, wenn man sie als Video geniesst, weniger, wenn man den Audio-Track herauslöst. Vielleicht hätte ich die Musik gar nicht genauer angehört, wenn diese zierliche junge Japanerin nicht gar zu goldig aussehen würde. "Goldig" darf man sicherlich heute gar nicht mehr sagen, ich weiß; ich denke es ja auch nur... Aber das darf man heute sagen: Yuki sieht geil aus. Oder wie es schon mal jemand auf den Punkt brachte angesichts der vielen und vielgeteilten Videos auf YouTube, Facebook und so weiter: "And while the argument could be made that the success of Yuki’s iconic video is partially because, let’s face it, she’s HOT!" Aber das würde nicht lange vorhalten: "with Yuki, you come for the looks, and stay for the skills". Genau.

Ihre Musik hat etwas meditatives, wofür zu einem Gutteil schon der Klang des Instruments sorgt. Die Lieder sind eine enge Verzahnung einfacher Melodien und eingängiger Rhythmik, und das mit dem Sound der Spacedrum.

Hübsch anzuhören sind auch die Duo-Auftritte mit dem Didgeridoo-Spieler Taku - der Star ist natürlich Yuki, denn die meisten Didgeridoo-Spieler produzieren bestenfalls einen rhythmischen Klangteppich, auf dem andere dann für die eigentliche Musik sorgen.

Rolling Stones - "Blue and Lonesome"

(25.12.2016) Die Stones-Fans meiner Bekanntschaft finden das Album durchweg gut. Mein Urteil wurde zwar seit dem ersten Anhören immer positiver, hat sich aber inzwischen nach viermaligen Anhören bei der Schulnote "befriedigend" eingependelt, also nicht der große Hit. Der erste Titel auf dem Album war regelrecht zum Erschrecken - was da nur in Charlie Watts gefahren ist, so stumpfsinnig zu trommeln... Zum Glück bleibt das Niveau nicht so unterirdisch. Zwei Titel finde ich ganz gut, die anderen sind (unter-)durchschnittlich. Wenn es nicht gerade die Stones wären, hätte ich die CD sicher nur einmal angehört. Beeindruckend allerdings ist Jagger an seiner Mundharmonika - wenn er's denn wirklich ist, der sie spielt, denn obwohl es Live-Aufnahmen aus dem Studio sein sollen, wurden die Titel lange und aufwändig ver- und überarbeitet, die beworbene Spontaneität ist vermutlich zur Hauptsache eine Marketing-Behauptung.

Gemälde "Battleships" fertig

(30.11.2016) Nach vier Sitzungen und einer zusätzlichen Viertelstunde ist das Bild fertig. Ich komme mir schon fast wie ein Schnellmaler vor...

battleships
"Battleships", 2016, Öl auf Hartfaser, 80 cm x 60 cm

Scribble

(27.11.2016) Seit einigen Tagen überlege ich mir ein neues Motiv zum Malen und skizziere etwas herum. Dieses Scribble könnte ich mir vorstellen, als Grundlage für ein neues Bild zu wählen. Es soll abstrakter sein als meine üblichen Sachen, aber trotzdem erotisch (besser noch: pornographisch) wirken.

Scribble
Scribble für neues Bild, 2016, Schwan Stabilo und Buntstifte auf Papier, 8,5 cm x 12 cm

Jakov Lind - "Selbstporträt"

(08.11.2016) Jakov Lind ist 1927 in Wien geboren, wurde aber schon 1938, mit 11 Jahren, aufgrund der Judenverfolgungen von den Eltern nach Holland geschickt, wo er bei Pflegeeltern oder in Flüchtlingsheimen die nächsten Jahre lebte. Ich habe nicht verstanden, warum er nicht bei der Familie bleiben konnte, die erfolgreich nach Palästina emigrierte und zu der er nach dem Krieg für einige Jahre stieß.

Jakov Lind, Selbstporträt

In Holland war Lind auf sich allein gestellt, für sich allein verantwortlich, hat es dennoch (oder deswegen?) geschafft, den Krieg zu überstehen und die Judenverfolgungen der Nazis und ihrer holländischen Anhänger zu überleben, mit Verstecken und gefälschten Papieren, zuletzt als Gehilfe auf Lastkähnen und als Privatbote irgendeiner undurchsichtigen Nazi-Größe.

Vielleicht wegen dieser frühen Trennung von der Familie, überhaupt von jeglicher Art von Geborgenheit, ist er total sexbesessen, dauernd hinter Mädchen und Frauen her, dabei eine unangenehme "Loch-ist-Loch"-Mentalität an den Tag legend, weswegen man ihn fast schon den Tripper gönnt, den er sich als Siebzehnjähriger bei einer alten Prostituierten holt.

Die Schilderung, wie er zum Schreiben kommt, wie er sich als Schriftsteller entdeckt, ist wenig lebendig, kaum nachvollziehbar. Vielleicht kam das ("ich schreibe") bei manchen Frauen gut an.

Am interessantesten fand ich die Schilderung seiner Jahre nach dem Krieg in Israel, wo er fünf Jahre in verschiedenen Kibbuzim unterkommt, nie zufrieden ist, immer etwas anderes macht. Die Beschreibung des Kibbuz-Alltags, der Art von Menschen dort, der Probleme - das habe ich sonst noch nie so gut beschrieben gefunden.

Nach fünf Jahren verlässt Lind Israel wieder und geht nach England. Er drückt es so aus:

"...konnte ich mich wieder unter die Ratten dieses pestverseuchten Erdteils wagen."(S.158)

Seltsam! Warum will er denn dann hin? Vielleicht hatte er zu viel Mühe damit, die jüdischen Siedlermädchen flach zu legen...

Das Buch kommt etwas humorlos daher, was nicht nur an der geschilderten Zeit liegt. Mindestens in Israel hätte er vielleicht auch mal lachen können. Die Übersetzung aus dem Englischen ("Auf Deutsch konnte ich das Buch nicht schreiben...") scheint gelungen, wirkt aber auch etwas trocken, fast staubig. Mir hat die Lektüre keine Lust auf "mehr" von Jakov Lind gemacht.

Hier habe ich einige Zitate zusammengestellt.

Isaak Babel - "Budjonnys Reiterarmee"

(06.11.2016) Isaak Babel hat nach eigener Aussage (S.151/152) in seiner Jugend viele Beschreibungen ausgeschmückt, anders erzählt oder schlicht erfunden. Bei der Lektüre von "Budjonnys Reiterarmee" wünscht man sich oft, es mit Übertreibungen und Erfindungen zu tun zu haben - zu verstörend, zu abschreckend ist die geschilderte Welt.

Babel, Reiterarmee

Babel ist mit den Kosaken des bolschewistischen Reitergenerals Budjonny in Polen auf Feldzug. Die Kosaken bekämpfen die Polen, sie quälen und ermorden Juden, und Frauen oder Mädchen sind zum Vergewaltigen da. Brillenträger wie Babel gelten als lächerlich und sind Zielscheibe brutaler Witze. Die Polen (also die Feinde) foltern und ermorden die Juden, alle zusammen unterdrücken die Frauen und beuten sie aus.

Man frägt sich, für was eigentlich gekämpft wird, wer für die bessere Welt steht. Die Kosaken - also die Kavallerie - machen sich sogar mit den eigenen Verbündeten (den Bauern als der Infanterie) ihren Spaß, mit Scheinangriffen und Auspeitschen.

Mein Eindruck ist, dass eine sadistische Horde von Kosaken kämpft und quält, weil es Spaß macht. Für wen oder was man kämpft ist zweitrangig. So etwas wie Gefühle bringt man höchstens noch für das eigene Pferd auf.

Das Buch kann einen deprimieren. Dass Babel, trotzdem er zur Armee gehört, die Brutalitäten nicht gut findet, ist immerhin etwas, was man ihm zugute halten kann oder könnte:

"Die Chronik der alltäglichen Verbrechen quält mich unaufhörlich wie ein Herzleiden." (S.48)

Wie erringt man Achtung bei den Kosaken, wie kann man sie beeindrucken? Diesen Tipp bekommt Babel:"

"Würden Sie aber eine Dame schänden, eine ganz reine Dame, dann hätten sie die Soldaten gewonnen." (S.52)

Er biedert sich bei den neuen Kameraden erfolgreich an, indem er herrisch von einer von den Soldaten geplagten Frau ein Essen fordert, eine Gans auf den Boden drückt und ihren Kopf mit den Stiefel zerdrückt und mit Faustschlägen die Frau zum Bereiten der Gans auffordert. Die Frau:

"Genosse, wegen all dieser Sachen möchte ich mich am liebsten aufhängen." (S.53)

Einige Menschen sehen klar das Irrwizige dieser Zeitumstände, dass alles keinen Sinn hat, heillos ist:

"Wozu mühen sich die Weiber ab? Wozu die Freierei, wozu die Hochzeit, wozu freut sich die Verwandschaft?" (S.58)

Für welche Zukunft und für wen kämpft man, wenn die Befehle an den Unterkommandierenden so aussehen:

"Wir siegen oder verrecken. Ein Drittes gibt es nicht. Verstanden?" Und: "Wenn du den Rückzug antrittst, schieße ich dich nieder." (S.61)

Rache zu üben, da ist man groß drin. Will man jemanden aus Rache töten, dann ist ein Schuss zu gnädig. Ein erfolgreicher Rächer schildert das so:

"Mit einem Schuß, möchte ich sagen, kann man einen Menschen loswerden; ein Schuss ist ihm eine Gnade, mir eine abscheuliche Erleichterung. Mit einem Schuß wirst du nicht dorthin dringen, wo der Mensch die Seele hat, zwingst du sie nicht, sich zu offenbaren. Aber ich habe auch mit mir selbst kein Mitleid und schlage mich mit dem Feind oft eine Stunde lang und noch länger, denn ich möchte durchaus erfahren, wie der Mensch im Grunde beschaffen ist..." (S.70)

Und aus diesem Grund wird das Opfer genüßlich über eine Stunde lang totgetrampelt und getreten.

Schon mit Kleinigkeiten ist ein Kosak zu erfreuen. Hier freut sich ein Kosak über einen gelungenen Tag:

"Es ist ein Genuß, wieviel Menschen ich heute erledigt habe!" (S.81)

Man hat durchaus Kultur und achtet darauf, die hübsche geckenhafte Uniform nicht unnötig zu beschmutzen:

"Vor meinem Fenster waren einige Kosaken dabei, einen alten Juden mit silbergrauen Bart wegen Spionage zu erschießen. Der Alte jammerte und riß sich los. Da klemmte Kudru, ein Soldat aus unserer Maschinengewehrabteilung den Kopf des Alten unter seine Achsel. Der Jude verstummte und spreizte die Beine auseinander. Kudru zog mit der rechten Hand seinen Dolch, und vorsichtig, ohne sich zu bespritzen, erstach er den Alten. Dann klopfte er an den geschlossenen Rahmen eines Fensters: "Wenn sich wer dafür interessiert", sagte er, "kann er ihn wegschaffen. Das ist erlaubt..." (S.84/85)

Das Klagen über den Tod des eigenen Pferdes ist einige der wenigen menschlichen Regungen. Dem Kosaken Afonka wird das Pferd während dem Reiten niedergeschossen. Er hält an das sterbende Pferd die folgende Rede:

"Leb wohl, Stefan", sagte er mit hölzerner Stimme, trat von dem sterbenden Tier zurück und verbeugte sich tief vor ihm. "Wie werde ich nun ohne dich in mein stilles Kosakendorf zurückkehren? Was fange ich mit deinem gestickten Sattel an? ... Leb wohl Stefan!" wiederholte er noch lauter; der Atem versagte ihm, er quiekte wie eine gefangene Maus und heulte laut auf. Sein Schuchzen war bis zu uns hörbar, und wir sahen Afonka gleich einem besessenen Weib in der Kirche immer wieder tiefe Verbeugungen vor dem Pferd machen. (...)

Afonka legte sich mit dem Gesicht auf die Wunde und verstummte. Das Pferd aber richtete sein glänzendes, tiefes lilafarbenes Auge auf seinen Herrn und hörte Afonkas krampfhaftes Schluchzen. (...)

Und schließlich:

Von der Anhöhe aus sahen wir, wie Afonka, unter der Last des Sattels gebeugt, das Gesicht feucht und rot wie ein gehacktes Stück Fleisch, langsam zu seiner Schwadron ging, grenzenlos einsam in der staubigen und brennenden Wüste der Felder."(S.100/101)

Auch Babel empfindet eine starke Nähe zu Pferden:

"In dieser Schlacht war mein Pferd Lawrik, mein Trost auf Erden, getötet worden." (S.116)

Babel schildert das ganze meist trocken und unsentimental. Mitten in einer recht stimmungsvollen Landschaftsbeschreibung kann ein Detail so erwähnt werden:

"Eine entkleidete Leiche wälzt sich verlassen unter der Böschung. Und der Mondschein strömt über die toten, auseinandergespreizten Beine." (S.11)

Manchmal gibt es auch schöne Stellen:

"Über der Stadt taumelte der heimatlose Mond. Und ich ging gemeinsam mit ihm, und keimende Gedanken und halbvergessene Lieder wurden in mir lebendig." (S.31)

Oder auch diese hübsche Stelle über den Ladenbesitzer Gedalje:

"Er reibt seine weißen Händchen, er zupft an seinem grauen Bart und lauscht gesenkten Kopfes aufmerksam unsichtbaren Stimmen, die ihn heimsuchen:" (S.37)

Babels Text umfasst 30 Geschichten bzw Kapitel von einer bis neun Seiten Länge, manche sind untereinander verbunden, aber nur locker. Die Qualität der Übersetzung durch Dimitrij Umanskij kann ich nicht beurteilen, aber der Text ist gut lesbar und in einem angenehmen Deutsch gehalten. Dass es eine moderne und hochgelobte andere Übersetzung gibt, habe ich zur Kenntnis genommen, mir reicht diese aus. Und das Nachwort von Walter Jens ist sehr gut.

Der dtv-Band enthält noch sechs "Autobiographische Erzählungen", die fallen aber gegenüber der "Reiterarmee" deutlich ab. Auch sprachlich sind sie schwächer, wobei ich nicht weiß, ob es an der Übersetzerin (Heddy Proß-Weerth) liegt oder an Babels Vorlage. Zwei Aussagen über seine Jugend aus diesen Erzählungen:

"Außer mir drängelte sich um Kasanzew noch eine ganze Reihe von Leuten, die wie ich irgendwie aus dem ehrlichen Leben herausgefallen waren." (S.171)

"Schon damals - als Zwanzigjähriger - sagte ich mir: besser Hungerleiden, Herumvagabundieren und Gefängnis als zehn Stunden des Tages hinter der Kontoruhr zu hocken." (S.71)

Günter Herburger - "Lauf und Wahn"

(29.10.2016) Dank der vielen kleinen Kapitel von wenigen Seiten eine ideale Lektüre für zwischendurch oder unterwegs, folglich habe ich auch knapp drei Wochen an den gerade einmal 270 Seiten gelesen. Die Bilder im Buch haben meist das Format einer Briefmarke, sind unscharf (also wohl während des Laufens aufgenommen), und schwarz-weiß. Dennoch sind sie eine nette Ergänzung

Bis auf den Schluß (die letzten 30 Seiten) hat mir das Buch gut gefallen. Günter Herburger, der das Laufen neben dem Schreiben als zweite Leidenschaft (gehabt) hat, berichtet von Marathon- und Ultra-Marathon-Läufen in aller Welt und vom Training in München und im Allgäu. Die Beobachtungen der äußeren Welt während des Laufens, die Probleme mit Menschen und Hunden, die Charakteristiken der aktuellen Strecke und so weiter werden von den inneren Erlebnissen regelrecht an den Rand gedrängt. Herburger reproduziert sehr schön die mäandernden Gedankengänge, die einem auf langen, monotonen, körperlich mehr oder weniger anstrengenden Touren durch den Kopf wandern. Auch ich kenne von meinem täglichen Arbeitsweg mit dem Fahrrad dieses "Gedanken-wandern-lassen", aber auch die Phasen, wenn die Gedanken sich im Kreis drehen, man immer das gleiche wiederkäut. Oder wenn plötzlich eine Zeitlang Funkstille ist und alle Gedankentätigkeit sich nach ganz hinten, nach ganz unten verlagert, kaum bewusst ist.

Viele der Beobachtungen der Umwelt und der Menschen (besonders bei den Läufen in Moskau, Reykjavik, Nanisivik, Rom, Istanbul, Wien, Mount Cameroon) sind trotz der Kürze - Herburger rennt halt vorbei - prägnant und oft auch lustig. Viele Schnipsel aus der täglichen Lektüre oder den Tagesnachrichten tauchen auf, aktuelle Familienthemen oder Themen der Arbeit kochen hoch, Schriftstellerkollegen werden kurz besucht oder es werden Anekdoten angerissen.

Ich fand die Lektüre lohnend, und sie würde mich zum Laufen bringen, wenn ich nicht mit meinem täglichen Arbeitsweg schon fast eineinhalb Stunden Bewegung hätte.

Günter Herburger, Lauf und Wahn
Günter Herburger, "Lauf und Wahn", Luchterhand 1988, 1990

Neues Bildprojekt: "Battleships"

(25.10.2016) Aktueller Stand nach drei Sitzungen. Als nächstes ist das Meer und der Himmel am Horizont dran.

battleships
Aktueller Stand "Battleships".

Auftritt mit den Lightnings im "Ascot"

(22.10.2016) Das "Ascot" hat für eine Kneipe (oder ein Café) eine brauchbar große Bühne, so dass wir nicht zu eng stehen und sitzen mußten. Schönes Ambiente. Es ist eine Raucherkneipe, aber obwohl nur einer bei uns raucht, haben wir das gut weggesteckt. Ein schöner Auftritt, der uns viel Spaß gemacht hat, weil eine tolle Stimmung herrschte.

lightnings, 22.10.2016
Von links: Waldemar Martin (halb verdeckt) (kb), Klaus Petrick (dr), Béla Hassforther (b), Claus Hochgeschwender (g)

lightnings, 22.10.2016
Von links: Klaus Petrick (dr), Béla Hassforther (b), Claus Hochgeschwender (g)

Ölbild "Ritter" fertig

(20.09.2016) Endstand meines neuen Ölbildes.

Ritter
"Ritter", Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Neues Bildprojekt: "Battleships"

(18.09.2016) Noch ein Scribble zu den "Battleships".

Battleships, scribble
"Battleships" (Filzstift, Marker, Deckweiß auf rotem Tonpapier(

Neues Bildprojekt: "Battleships"

(08.09.2016) Erste Scribbles für ein geplantes Gemälde mit dem Titel "Battleships" gemacht. Hier ein Beispiel.

Battleships
Scribble für ein Gemälde "Battleships".

Auftritt mit den Lightnings bei "Wein und Markt Wiesloch 2016"

(03.09.2016) Wieder ein gleichzeitig toller und anstrengender Auftritt: Ab 8 Uhr am Morgen Aufbau und Soundcheck bis um 10 Uhr, dann nach Hause zum frisch machen. Um 12 Uhr wieder nach Wiesloch und dann von 13 Uhr bis 19 Uhr gespielt - sechs Stunden Stehen hiess das für mich, die anderen saßen. Tolle Stimmung, ab dem Nachmittag ein Riesen-Gedränge. Der Abbau und das Laden des Transportes war eine Herausforderung, wir mussten uns Dutzende Male mit dem Equipment durch Menschenmassen drücken. Aber ein Erlebnis war es. Um 21 Uhr zuhause - rechtschaffen erledigt.

Lightnings
Von links: Klaus Petrick (dr), Claus Hochgeschwender (g), Béla Hassforther (b).

Lightnings
Von links: Klaus Petrick (dr), Claus Hochgeschwender (g), Waldemar Martin (kb)

Auftritt mit den Lightnings beim Ettlinger Marktfest

(28.08.2016) Ein schöner aber anstrengender Auftritt vor dem Hotel "Erbprinz", bei dem wir über 50 Titel spielten. Der Ablauf des Tages vermittelt ein Gefühl davon, warum ein Auftritt Spaß UND Arbeit bedeutet: Treffen um 16 Uhr, Abfahrt nach Ettlingen, Entladen des Transporters, Equipment auf die Bühne schleppen, alles anschließen, von 19-24 Uhr Auftritt mit kleinen Pausen, um 24 Uhr Abbauen und Einräumen in den Transporter, Rückfahrt von 1 Uhr bis um 2 Uhr, Duschen, dann ins Bett. Um 6 Uhr aufstehen und zur Arbeit.

Lightnings 28.08.2016, Aufbauen der Anlage
Hier streikt gerade die E-Drum, Waldi, Claus und Klaus kämpfen mit der Technik.

Lightnings 28.08.2016
Lightnings, Auftritt beim Marktfest Ettlingen, vor dem Hotel "Erbprinz"
Von links: Klaus Petrick (dr), Claus Hochgeschwender (g), Béla Hassforther (b), Waldemar Martin (kb)

Weißt du, wie viel Störchlein stehen...

(08.08.2016) Mein Arbeitsweg geht an einer Mülldeponie vorbei. Worüber unsereins die Nase rümpft, darüber sind andere glücklich. Regelmäßig sehe ich im Sommer hier ein oder zwei Dutzend Störche, manchmal mehr. Heute waren es etwa 45, mein Rekord liegt bei 61 Störchen im letzten Jahr. Vermutlich ist hier eine geeignete Sammelstelle: Man sitzt hoch, sieht weit, und quasi vor der Nase / dem Schnabel wühlen leckere Mäuse und andere Futtertiere (aus Sicht der Störche) herum. Schön sehen sie halt schon aus, die Störche.

Stoerche
Störche, Mülldeponie (zum Vergrößern aufs Bild clicken)

Gerold Theobalt - "Don Camillo & Peppone"

(23.07.2016) Ich komme täglich nur einige Kilometer davon entfernt mit dem Fahrrad vorbei, wusste aber nicht, dass im alten Nusslocher Steinbruch des Zementwerks seit Jahren eine Freilichtbühne existiert. Schon gar nicht wusste ich, dass die Tribüne dort Platz für 830 Zuschauer hat. Und nicht im Traum hätte ich geglaubt, dass dort gutes Theater gespielt wird. Mit dem Regisseur Peter Nassauer hat die Interessengemeinschaft Volksschauspiele Nußloch (IGV) wirklich etwas Tolles auf die Beine gestellt.

Wer beim Thema "Don Camillo und Peppone" denkt, dass die Geschichten von den beiden Hauptdarstellern leben, irrt. Die Aufführung in der Fassung von Gerold Theobalt enthält so viele lustige und nachdenklich stimmende Momente, dass sie auch mit Laienschauspielern immer spannend und unterhaltsam bleibt. Wobei die Laienschauspieler ausgesprochen gut sind: Die langen Redebeiträge von Don Camillo (Markus Lang) und Peppone (Heiko Richter mit tollem Dialekt) muss man auch erst einmal memorieren und mit Schmackes rüberbringen können.

3. Schloßkonzert 2016 - "Symphonic Cinema Classics"

(21.07.2016) Konzert mit Filmmusiken unter der Leitung von Dietger Holm. Das Konzert hat mir nicht sonderlich gefallen. Filmmusik ist zwar immer mal wieder ganz toll, aber leider oft schmalzig. Obendrein ist sie meistens halt auch schlicht Hintergrundsmusik und kann nicht allein bestehen. Einige der aufgeführten Musiken waren einfach nur langweilig, andere auf eine kitschige Art bombastisch, nur wenige waren genießbar (die von Sergio Leone natürlich). Das ganze litt auch darunter, dass ein Sinfonie-Orchester meist Streicher-betont ist, und dann kann (muss aber nicht) alles ziemlich gleich klingen.

Jürgen Popig nach Arthur Conan Doyle - "Sherlock Holmes"

(18.07.2016) Ein kurzes Theaterstück im Rahmen der Schlossfestspiele Heidelberg, aufgeführt im "Dicken Turm". Beginn noch bei Sonnenschein, mit meinem Blick exakt nach Westen war ich folglich ein Drittel der Aufführung über so geblendet, dass ich fast nichts gesehen habe - trotz Sonnenbrille, trotz Versuchs mit Sonnenhut.

Das Stück selber war eine etwas skurrile Komödie, leider etwas zu klamaukhaft. Im Kindertheater hätte es wahrscheinlich eine bessere Figur gemacht. Ich fand es unterm Strich zu albern. Für die knapp eineinhalb Stunden mussten wir eine lange Busfahrt bis in die Altstadt machen, mit der Bergbahn hoch zum Schloß, dort lange warten, und das ganze wieder zurück. Um nicht den ganzen Abend zu verlieren haben wir auf die halbe Stunde Wartens auf den Bus und sein Rumgezuckel verzichtet und lieber 20 Euro in ein Taxi investiert - dann waren wir immerhin nach vier Stunden wieder zuhause.

Auftritt mit den Lightnings beim Heidelberger Brückenfest

(17.07.2016) Die Auftrittsmöglichkeit beim Heidelberger Brückenfest haben wir etwas kurzfristig bekommen. Es hat Spaß gemacht, in dieser schönen Umgebung zu spielen, gerade auch, wenn man mal in der Heidelberger Altstadt gewohnt hat und sich da noch zuhause fühlt.

Eine Stunde vor uns war als Überraschungsgast Xavier Naidoo mit seiner mobilen Bühne (dem "Strassenunterhaltungsdienst") für ca 25 Minuten da. War lustig anzusehen, wie alle Arme im Publikum oben waren und alles versuchte, Bilder oder Filme zu machen - und sich dadurch um das direkte Erlebnis brachte.

Auftritt Lightnings 17.07.2016
Von links: Klaus Petrick (dr), Claus Hochgeschwender (g), Béla Hassforther (b)

Auftritt Lightnings 17.07.2016
Von links: Claus Hochgeschwender (g), Béla Hassforther (b), Waldemar Martin (kb)
Auftritt Lightnings 17.07.2016
Von links: Klaus Petrick (dr), Claus Hochgeschwender (g), Béla Hassforther (b), Waldemar Martin (kb)

Film "Ein Mann ohne Ufer. Hans Henny Jahnn".

(15.07.2016) Dieser Film von Paul Kersten und Peter Rühmkorf ist eine der gelungensten Dokumentationen über eine umstrittene Figur, die ich kenne. Die technische Qualität dieses 1975 gedrehten Films ist gut (aber die Fassung auf YouTube hat furchtbare Kompressionsartefakte), aber vor allem inhaltlich ist der Film top. Und: Es kommen Zeitgenossen zu Wort und die Aufnahmen der Wohnorte von Jahnn wirken noch authentisch, z.B. sein Wohnhaus in Hamburg-Blankenese oder sein Wacholderareal im südlichen Wendland - jetzt, über 40 Jahre später, sind die Originalschauplätze doch schon sehr verändert, und die meisten der Zeitzeugen sind tot, zumindest alle hier im Film vorkommenden.

Reinhold Grüning (ein "Jünger" und "Ugrino"-Mitglied, im Film ein älterer Herr), erzählt korrekt angezogen und in gewählten Worten in seinem aufgeräumten Wohnzimmer aus der gemeinsamen Zeit, hat Bücher vor sich und einen Blumenstrauss auf dem Tisch. Über die Diskussionen bzw die Gespräche mit Jahnn: "Da gab es keine Tabus", Jahnn sprach alles an, was mit dem Körper des Menschen zu tun hatte, die Offenheit war geradezu ein Sakrament.

Häufig kommt Signe Trede zu Wort, Jahnns 1929 geborene Tochter. Sie erzählt äußerst sympathisch, mit nachdenklichen Pausen, ohne Hektik und ohne gehetzt zu werden - ein wohltuender Kontrast zum heute verbreiteten Dauer-Geplapper. Sie überlegt sich, was sie sagt, spricht sorgfältig.

Sie erzählt über ihre unkonventionelle Mutter Ellinor Jahnn geb. Philips, die es fertig brachte, zu Gesellschaften im Hirschparkhaus ein oder zwei Stunden zu spät zu erscheinen, nackt. Ihr Vater habe es ihr etwas verschämt, zwar mit etwas Stolz aber verschämt "gestanden". Wie dieses "verschämt" zu jemanden passt, der "keine Tabus" kannte, der Offenheit als Sakrament hatte, das kann man sich schon fragen.

Mit kleinen Interviewausschnitten kommen noch zur Sprache Hans Erich Nossak, Peter Huchel und Axel Eggebrecht, und Yngve Trede (Jahnns Patenkind) spielt eine Orgelkomposition von Hans Henny Jahnn.

Eine sehenswerte Dokumentation, unter YouTube zu finden.

Arthur Miller - Hexenjagd

(09.07.2016) Arthur Millers Schauspiel "Hexenjagd" wird oft gespielt und gern gesehen. Bei den Bad Hersfelder Festspielen wurde es auf der riesigen Bühne (mit zusätzlicher Video-Leinwand) beeindruckend umgesetzt.

Gewöhnlich versteht man ja unter Hexenjagd die Jagd auf Hexen, hier sind es aber junge Frauen (die Bezeichnung "Hexen" liegt natürlich sehr nahe), die durch ihre Aussagen eine Unzahl unbescholtener und harmloser Bürger in den Verdacht bringen, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Natürlich wird dieser Wahnsinn von einigen Leuten sehr rational instrumentalisiert und zur Aneignung von Grundstücken usw verwendet. Dass diese im Hintergrund wirkenden Spitzbuben dann nicht von den Gefolterten und Internierten als gleichermaßen vom Teufel besessen beschuldigt werden gehört zu den Dingen, die ich nicht verstehe. Und wie wahrscheinlich oder unwahrscheinlich es ist, dass in einer kleinen Stadt durch die Aussagen einiger junger Dinger mehrere Dutzend Menschen hingerichtet werden steht auch auf einem anderen Blatt. Eine Spur zu schwarz/weiß war mir alles: Es gibt die Guten und es gibt die Bösen - die graue Masse dazwischen ist stark unterbesetzt... Insgesamt aber ein tolles Schauspiel und eine gelungene Inszenierung.

Apoldaer Glockenmuseum

(08.07.2016) Ein Glockenmuseum in Apolda zu besuchen - so richtig sexy klingt diese Unternehmung ja nicht gerade. Aber die Ausstellung ist so gut gemacht und das Material so gut aufbereitet (ästhetisch wie auch didaktisch), dass wir zwei Stunden mit der Besichtigung (und natürlich auch dem Anschlagen der Glocken) verbrachten. Glocken sind durch ihre Funktion in Kulten und Religionen etwas besonderes und haben Eingang in viele Sprichwörter und literarische Texte gefunden (wer kennt nicht Schillers "Glocke"?). Auch sind die Kosten und der Arbeitsaufwand für eine große Glocke so immens, dass zum Beispiel eine neue Glocke für eine Kirche durchaus ein Projekt ist, was in die Lokalpolitik ausstrahlt und ganze Projektgruppen beschäftigen kann. Bedeutende Glocken haben durchaus ihre Namen und gelten fast als Persönlichkeiten (die "Gloriosa", die "St. Petersglocke" usw.). Die Logistik, eine viele Tonnen schwere Glocke zu gießen, über teils erhebliche Entfernungen zu transportieren und in einem Glockenstuhl unterzubringen ist nicht zu unterschätzen. Und natürlich auch nicht die Bedeutung einer Schiffsglocke... Fazit: Ein tolles und unbedingt besuchenswertes Museum.

Apolda, Glockenmuseum
Apolda, Glockenmuseum

Stadtmuseum Apolda - "Vom Strumpf zur Obertrikotage"

(08.07.2016) Im gleichen Gebäude wie das "Glockenmuseum" befindet sich eine Ausstellung, die Apolda als Zentrum der Textilindustrie vorstellt. Interessant fand ich weniger die vorgestellten Arbeitsgeräte und schon gar nicht die gezeigten Erzeugnisse, sondern die mehr oder weniger häufigen und deutlichen Hinweise auf die für uns heute unzumutbar erscheinenden Arbeitsbedingungen, die damals die Regel waren und sich in Verordnungen und Rechnungslisten niederschlugen, wie hier in einer Liste verhängter Strafen für unterschiedliche "Straftatbestände".

Apolda, Stadtmuseum, Strafen
Apolda, Stadtmuseum, Strafen:
Nachlässigkeit, Sprechen während der Arbeit, Unachtsamkeit, Öfteres Fehlen,
Faulheit, Sprechen während der Arbeit, Essen während der Arbeit, usw

Die prekären Arbeitsbedingungen gerade der Textilarbeiter sind keine Besonderheit des 19. oder 20. Jahrhunderts. Begonnen hat das schon im 18. Jahrhundert, und schon Goethe klagt beim Schreiben der "Iphigenie", dass ihm das Elend der Strumpfwirker in Apolda um die poetische Stimmung bringt: "Hier will das Drama gar nicht fort; der König von Tauris soll reden, als ob kein Strumpfwirker in Apolda hungerte." Geht's uns doch gut!

Für diese Ausstellung war eine Stunde vollkommen ausreichend.

Apolda, Stadtmuseum
Apolda, Stadtmuseum

Zeiss-Planetarium Jena - Unser Weltall

(07.07.2016) Das Zeiss-Planetarium Jena wirbt damit, das weltweit betriebsälteste Planetarium zu sein. Damit allein lockt man natürlich nicht unbedingt Besucher an, und so versucht man, der Kernaufgabe eines Planetariums - die Objekte und Abläufe am Sternhimmel zu präsentieren und zu erklären - mit der Installation modernster Technik nachzukommen. 2006 wurde das Planetarium mit der Installation des laserbasierten Ganzkuppelprojektionssystems ADLIP (All Dome Laser Image Projection) sogar zum ersten laserbasierten Fulldomeplanetarium Europas. 2011 (nach nur fünf Jahren) wurde mit der Installation eines neuen Audio- und Video-Systems noch eins draufgesetzt. Imponierend sieht der Raum, die Kuppel, die vielen Sitzplätze, der Sternenprojektor Modell VIII in der Mitte und die acht Velvet-Projektoren am Kuppelrand schon aus. Und auch die Audiotechnik ist State-of-the-Art: Ein 3D-Sound-System „SpatialSoundWave“ des Ilmenauer Fraunhofer–Instituts für digitale Medientechnologie. Viele Technologien mit klingenden Namen. In der Vorstellung hieß es, dass das Sound-System in der Lage sei, einzelne Zuschauer über die Gesamtanlage punktgenau ansprechen zu können (also so, dass der Nebenmann nichts mitbekommt) - das hätte ich gerne demonstriert bekommen, es war aber nicht Gegenstand der Vorstellung.

Planetarium Jena
Zeiss-Planetarium Jena, kurz vor der Vorstellung: gähnende Leere

Die Vorstellung um 18 Uhr war nicht gut besetzt, gerade einmal zehn Leute verloren sich im großen Raum. Allerdings war draußen ein schöner sonniger Sommertag - wer geht denn dann in ein Kino oder in ein Planetarium?

Die von uns besuchte Vorstellung lief unter dem Namen "Unser Weltall" und ist eine fiktive Reise mit dem Planetarium (als Raumschiff) von der Erde durch das Sonnensystem zu den Sternen und weiter zu den Galaxien - und wieder zurück. Man könnte die Vorstellung als animierte Diashow bezeichnen. Für die Objekte, an denen man vorbeikommt, bleiben allerdings nur einige wenige Sätze zur Erklärung übrig. Es leuchtet ein, dass bei einem Vorbeiflug an Saturn nur einige Sätze gesagt werden können - aber was weiß man vom Saturn, wenn man über diesen Riesenplaneten drei Sätze gesagt bekommt? Und so ist es eigentlich mit allem. Man kann nur hoffen, dass der rein visuelle Reiz zum Beispiel des Vorbeiflugs an einem Kugelsternhaufen (was wirklich ganz klasse aussah und eine wunderschöne räumliche Illusion erzeugte) einige Zuschauer dazu bringt, sich näher mit den Objekten zu befassen. Als Einführung in die Astronomie oder als Basis-Schulung kann so eine Vorstellung keinesfalls dienen. Aber sie war nett anzusehen.

"Kiss me Kate" - Musical von Cole Porter

(03.07.2016) Musicals sind i.A. nicht meine Sache, aber diese Vorstellung (Trailer) war richtig gut. Das Wetter hat bei der Aufführung im Schloßhof mitgespielt, und wir saßen ganz vorne und hatten genug Beinfreiheit - gute Voraussetzungen also.

Es wurde viel aufgeboten: Schauspieler, Tänzer, Orchester - das ganze Heidelberger Ensemble wirkte wohl mit. Ganz Großes Kino, wenn man's so ausdrücken darf. Die Lieder waren nicht übel, die Musik gut gespielt, noch besser gesungen, und sehr hübsche Tanzszenen von einem ausgesprochen attraktiven Tanzensemble. Zwei Tänzerinnen hatten es mir besonders angetan - es ist eben gut, vorne zu sitzen.

Die Story war so la la, eine Musical-Story halt. Immerhin mit Happy End, so hab' ich's ganz gerne.

Das Programmheft übrigens ausgezeichnet: Es kommt nicht oft vor, dass ich die Dinger komplett lese, hier war es bereichernd. Am besten die Passage von Siegfried Schmidt-Joos über das Musical als Business, wie das Produkt "Musical" vor der Uraufführung am Broadway im Publicity-Test "on the Road" (Vorstellungen in kleineren Städten, in der Provinz) immer wieder über die Reaktionen des Publikums modifiziert und verbessert wird (mit Umbesetzungen, Streichungen, neuen Passagen usw). Wichtigstes Erfolgskriterium ist dann die Zahl der Vorstellungen in der Erstbesetzung am Broadway - und das können Tausende von Vorstellungen sein. Und natürlich gehört die Verzahnung mit der übrigen Populären Kultur dazu, mit der Schlagerindustrie, den Plattenfirmen, der Filmwirtschaft und so weiter. Auch das spannende Thema der Finanzierung der Musicals hat Siegfried Schmidt-Joos in wenigen Sätzen packend geschildert. Fast könnte man Lust auf sein schon 1965 erschienenes Buch über das Musical bekommen.

Es ist eigentlich unwahrscheinlich, dass man Siegfried Schmidt-Joos NICHT kennt (allein durch sein Rock-Lexikon ist er ja ungemein populär geworden) - wer ihn wirklich nicht kennt, sollte zumindest den Wikipedia-Artikel über ihn lesen.

Auftritt mit den Lightnings

(25.06.2016) Auftritt bei einer privaten Geburtstagsparty im Cafe Art in Walldorf. Die ca 35 Partygäste waren so guter Stimmung und in so toller Tanzlaune, dass uns der Auftritt viel Spaß gemacht hat. Jeder - auch der kleinste Auftritt - hat seinen Aufwand: Treffen um 18h15, Anlage aus dem Proberaum holen und verladen, zum Auftrttsort fahren, die Sachen auf die Bühne schleppen, aufbauen, anschließen, Soundcheck, warten... Um ca 20h45 die erste Runde gespielt, kurz nach Mitternacht die fünfte (und letzte) Runde beendet, abbauen, zurückfahren, um ca 1h15 zuhause, duschen, Bett. Um 10 Uhr wieder treffen zum Zurückräumen der Anlage aus den Autos in den Proberaum. Und trotzdem lohnt sich das alles.

Auftritt Lightnings, 25.06.2016
Die Lightnings im Cafe Art, Walldorf. Von links:
Klaus Petrick, Claus Hochgeschwender, Béla Hassforther, Waldemar Martin

Auftritt Lightnings, 25.06.2016
Die Lightnings im Cafe Art, Walldorf. Von links: Klaus, Claus, Béla, Waldemar

Johann Gottfried Herder - "Journal meiner Reise im Jahr 1769"

(22.06.2016) Herder ist der Christiano Ronaldo der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts: Eine polarisierende und für viele unsympathische Mischung aus Eitelkeit und Ehrgeiz bei nicht zu leugnender Qualität. Folglich ist die Lektüre seines Journals kein reines Vergnügen, und selten habe ich mich zu so vielen Randbemerkungen genötigt gefühlt. Ähnliche Widerstände und Aufreger hatte ich vor vielen Jahren auch bei der Lektüre seiner Reisebeschreibung nach Italien - da war er Mitte 40 und lebensgeschichtlich schon total zur Beleidigten Leberwurst mutiert.

Herder, Journal meiner Reise
Johann Gottfried Herder - Journal meiner Reise im Jahr 1769

Anlaß für den Text ist die Reise Herders von Riga nach Nantes im Jahr 1769. Herder war in Riga Prediger und (Lehrer), veröffentlichte aber auch schon Buchbesprechungen und andere kritische Texte - und bekam auf seine Kritiken Gegenwind. Für einen bekennenden Besserwisser ist es natürlich nicht schön, mit renitenten Lesern und Kollegen zu tun zu haben, Herder konnte damit nicht adäquat umgehen und entschloss sich deswegen kurzfristig zur Abreise, fast könnte man sagen: zur Flucht - aber nicht nur vor unbefriedigenden Arbeitsverhältnissen, auch vor dem Leben jenseits der Kämpfe mit der Feder.

Zuallererst ist der Text eine Mogelpackung: Es handelt sich nicht um eine Reisebeschreibung, denn diese kommt fast nicht vor, auch nicht um ein Journal oder Tagebuch, denn der größte Teil ist nachträglich geschrieben worden. Zu berücksichtigen ist auch, dass wir es mit einem extremen Bücherfresser und Kenner der Literatur zu tun haben, und daher wird - wenig überraschend - die Reise auch inszeniert zu einen Aufbruch in ein neues Leben. Es wird also mehr oder weniger deutlich mit den literarischen Topoi von "Schiff" und "Schifffahrt" gespielt.

Letztlich ist es also kein Widerspruch, wenn ein Stubengelehrter scheinbar aufatmet und auf einer Meerfahrt vom Aufbruch in ein neues Leben spricht, dabei bewusst keine Bücher mitnimmt - aber in einem exzessiven namedropping immer wieder von Autoren und Büchern spricht und Leselisten entwirft, die einem ein halbes Leben lang beschäftigen könnten. Mich haben sie an meine eigenen Leselisten erinnert, im gleichen optimistischen Alter (Mitte zwanzig), als ich halbjährlich die neuen Verlagsprospekte (reclam, rororo, fischer, dtv usw) sammelte und gründlich studierte - letztlich gelesen habe ich nur einen Bruchteil davon, und so wird es wohl auch Herder gegangen sein.

Im zarten Alter von 25 Jahren fühlt sich Herder als Prediger und Lehrer unterfordert, nichts geringeres als ein Lehrer des Volkes will er sein, Einfluß will er haben, an der Seite der Mächtigen will er stehen. Konkret macht er sich Hoffnungen, als Berater bei der russischen Kaiserin Katharina der Großen unterzukommen. Aber nicht nur für uns - die Kleinen Leute - sind die Verhältnisse meist stärker als die Wünsche und man bäckt dann halt doch nur kleine Brötchen: Auch Herder muß sich irgendwann brummelnd in sein Schicksal fügen, nicht der Berater einer Kaiserin und der Lehrer eines Landes geworden zu sein, sondern als Prediger und Schulsystemnverantwortlicher in einem winzigen deutschen Kleinstaat zu enden. So wie es Cioran empfand: Man springt morgens aus dem Bett, um seinen Tag mit Mirakeln zu füllen, und es endet damit, dass man nägelkauend auf der Bettkante hockt und seine Alltagssorgen wiederkäut (Zitat so ähnlich, ich weiß nicht mehr, wo ich es vor zwei Jahrzehnten gelesen habe).

Welche Themen schlägt Herder nun an, und was ist heute noch von Interesse?

[to be continued]

Richard Dawkins - Das egoistische Gen

(16.06.2016) Ich überfliege täglich die "Hacker-News", wo auf interessante Aufsätze hingewiesen wird, aber auch Diskussionen angestossen werden. In den letzten Jahren gab es mehrfach Fragen der Art "Welches Buch hat dich am meisten beeinflusst?", "Welches Buch hat dich verändert?" und ähnliche Initialfragen, auf die dann hunderte von Antworten mit teils tief verschachtelten Diskussionen kommen. Es ist erstaunlich zu sehen, dass Richard Dawkins' Wissenschafts-Bestseller "Das egoistische Gen" zu den häufiger genannten Titeln gehört. Ich nutzte daher einen einwöchigen Urlaub auf Teneriffa dazu, konzentriert das immerhin über 500 Seiten dicke Buch zu lesen und habe es nicht bereut.

Dawkins, Das egoistische Gen
Richard Dawkins - Das egoistische Gen

Was auffällt, was auch den Empfehlern wichtig war: Die Entstehung des Lebens, die Evolution bis hin zu hochkomplexen Lebewesen (zählen wir ruhig einmal die Menschen dazu) wird nüchtern und rational abgehandelt. Nebliges Gequalle, ein Raunen über "die Schöpfung" gibt es nicht. Dawkins ist Wissenschaftler und dezidierter Atheist - hier wird versucht, Erklärungen zu finden. Von daher kommt Gott nicht vor. Das ist weit weg vom liebenswert unklaren Nietzsche-Ausspruch "Gott ist tot" - was ja nur geht, wenn es ihn je gegeben hat. Jetzt spielt er keine Rolle mehr, wird nicht gebraucht.

So richtig neu ist das Buch nicht, die erste Ausgabe erschien 1976, also vor 40 Jahren, eine lange Zeit für ein Sachbuch. Dass es immer noch überzeugen kann, dass es immer noch Wirkung hat, spricht für die rein sachliche Qualität. Und verstärkt wird diese Wirkung durch den lebendigen, humorvollen, souverän die Materie beherrschenden Sprachstil von Dawkins.

Zum Beispiel schafft er es locker, das "Gefangenendilemma" leicht verständlich (besser als in der Wikipedia) zu beschreiben und die Folgerungen, die man zum Sozialverhalten von Menschen und Tieren daraus ableiten kann, unmißverständlich darzutun. Es hat so gut getan, die Strategie "Nettsein und Versöhnlichkeit" (ein gutmütiges "Wie du mir, so ich dir" oder fast schon "Wie du zweimal mir, so ich dir", etwas, was ich manchmal als Vorwurf höre) als eine der erfolgreichsten Strategien dargestellt zu finden. Miniabhandlungen dieser Art finden sich zuhauf, also ein absolut lesenswertes Buch.

Christian Schad "Relative Realitäten. Erinnerungen um Walter Serner"

(28.05.2016) Christian Schad ist als einer der wichtigeren Maler der Neuen Sachlichkeit bekannt, Walter Serner als Autor von Ganovengeschichten und dem lesenswerten Brevier "Letzte Lockerung". Schad beschreibt hier ihr Zusammenleben, ihre Freundschaft und den Abbruch der Beziehung durch Serner.

Christian Schad, Relative Realitäten, Erinnerungen um Walter Serner

Das schmale Buch (122 Seiten) enttäuscht: Die "Erinnerungen um Walter Serner" sind zu einem Gutteil "Erinnerungen um Christian Schad", geschrieben aus einer Art Alterseitelkeit heraus, rund ein halbes Jahrhundert nach den beschriebenen Ereignissen. Viel Wichtigtuerei ist im Spiel, wenn von den Anfängen von Dada geschrieben wird, wenn getürkte Ausstellungsbesprechungen zitiert werden, wenn man sich immer wieder bestätigt, dass man "den Bürger", die "bürgerliche Presse", die "bürgerliche Flauheit", die "bürgerliche Selbstbelügung" und vieles andere bürgerliche mehr bekämpft. Letztlich haben beide ihre Quittung bekommen: Serner verarmte und wurde, weil er aus Marketinggründen von seinem Verleger eine Zeitlang als Zuhälter und Ganove vermarktet wurde, polizeilich überwacht, Schad bewies seine Unbürgerlichkeit dadurch, dass er fette Gräfinnen und reiche Macker aus dem Geldadel porträtierte und - als es heiß wurde - in die innere Emigration ging.

Seine Erinnerungen an seine Photogramme sind ein schönes Beispiel der Selbstbeweihräucherung: Es wurde "zum ersten Mal mit chemisch-technischen Phänomenen operiert", wobei es "fast spielerisch" begann, als Schad mit lichtempfindlichen Papieren und der Schattenwirkung "mir reizvoll erscheinender Gegenstände" "experimentierte".[S.44] Das Experimentieren geschah natürlich "im Sinne einer Erweiterung der künstlerischen Ausdrucksmittel"[S.45] - darunter macht man's ja nicht. Und natürlich sind diese Dinger "entstanden" und beileibe nicht gemacht worden.[S.44] Zu Schadographien fällt mir nur der Spruch von Schwitters ein: "Alles, was ein Künstler spuckt, ist Kunst".

Wie es halt so ist, jeder künstlerische Revolutionsversuch wird kurze Zeit später zu einem neuen "-ismus", und so wurde aus Dada schnell der Dadaismus.

Es lohnt nicht, Schads Versuch zu referieren, Serner als die maßgebliche Dada-Gestalt auf einen Sockel zu stellen und die 1920 veröffentlichte "Letzte Lockerung" als "Standardwerk des Dadaismus" zu bezeichnen, "ohne dass dieser geistig nicht zu denken ist"[S.102] - 1920, da war Dada schon vier Jahre alt. Es lohnt auch nicht, Serners Kampf um die Rolle des Ober-Dada gegen Tristan Tzara nachzuzeichnen, das sind alles Kindergartenkämpfe. Diese beiden Recken und Kämpfer gegen das Bürgertum waren jung, Schad Anfang 20, Serner Mitte 20, als das Buch beginnt, da hat man noch Flausen im Kopf. Aber 1920, als die "Letzte Lockerung" erschien und Serner 31 und Schad 26 war, kann man da wirklich noch über die ausbleibende Wirkung so erstaunt sein: "...es schien uns unbegreiflich, daß die von uns erwartete literarische Revolution nicht ausbrach" [S.78] - oder fehlt es da nicht eher am Realitätssinn?

Letztlich sind das beste im Buch einige Anekdoten:

Auch die Laban-Tanzschule hatte sich in den Kriegsjahren in Zürich niedergelassen, und an einem Abend wurde Nietzsche "getanzt und getrommelt". Leider erfährt man nicht mehr darüber.[S.24]

Ende 1920 beginnt sich Schad vom Dadaismus zu lösen und fährt nach Neapel, in eine betont kulturarme Stadt. Auch Serner kommt auf Vorschlag Schads nach Neapel, und da gibt es nette Anekdoten, zu viele zum Zitieren. Das hier vielleicht:

"Messer saßen in Neapel locker. Stolz trugen viele Frauen damals ihren "fregio" zur Schau: einen defigurierenden Schnitt über die Wange, den sie von ihrem eifersüchtigen Liebhaben oder Ehemann - oft grundlos - gezogen bekamen und der für sie ein sichtbarer Beweis war, wie leidenschaftlich sie geliebt wurden.[S.68]

sfregio
Beispiel für einen "sfregio" (nicht "fregio") bei der Dame aus Schads Selbstporträt von 1927

Bordellbesuche machten die beiden zu zweit:

"Für Alleingänger waren sie viel zu gefährlich. Besuchten wir ein Mädchen, standen wir Wache füreinander. Oft mußten wir über Treppen, durch finstere Gänge und durch Räume hindurch, in denen die ganze Sippe versammelt war, die Gespräche bei unserem Eintreten verstummten und forschende Blicke uns folgten."[S.69]

Neapolitanischer Alltag:

"Auf derselben Etage, auf der ich wohnte, hatte auch eine ältere, rundliche Schneiderin ihr Atelier, dessen Türe der Hitze wegen stets offen gehalten wurde, so daß ich mit den drei dort arbeitenden Mädchen bald bekannt war. Die eine von ihnen stand mir manchmal Modell, natürlich nur bekleidet, da auch sie eine über ihre Tugend wachende Familie hatte. Als selbstverständlich empfand sie es jedoch, bei offener Tür auf dem Topf sitzend, mich, wenn ich eben vorbeikam, bei dieser Verrichtung freundlich zu grüßen."[S.70]

Irgendwann fühlten die beiden sich dann aber doch in einer "literarische Wüste" und nach einm Dreivierteljahr fuhren sie nach Frankfurt.[S.79]

Die Wege trennen sich dann, Serner bekommt allmählich den Blues und jammert sehr, zum Beispiel im Brief vom 18.11.1922 an Schad [S.87], ihm fehlt wohl etwas das bürgerliche Ruhekissen, denn er beneidet Schad, dass dieser die allgemeine Konstitution besitzt, "sich mit einer Ehe, die natürlich letzthin gewollt und gespielt ist, ein fiktives Leben konstruiert. Anders geht es ja nicht. Aber tun Sie es! Es ist doch besser, konstant Betäubungsmittel (dazu gehören auch: Ehezwist, Kindersorgen etc.) bei der Hand zu haben, als einsam in einer Café-Ecke zu hocken und an die Wand zu glotzen. (...)."

Seltsam übrigens, dass man sich nach Jahren der Bekanntschaft immer noch siezt. Der letzte Brief des herumirrenden Serner an Schad ist vom 13.10.1927 aus Bern. Er klingt etwas müde und abgekämpft:

"... ich werde so sehr gehaßt, man arbeitet so sehr gegen mich, daß ich anfange, die Sache ekelhaft zu finden. Und da ich nicht der Mann bin, den Kopf hängen zu lassen, werde ich mich eben bald abkehren."[S.107]

Der große Kämpfer gegen das Bürgertum kam mit dem Gegendruck nicht zurecht, und hat wahrscheinlich die Schriftstellerei aufgegeben.

Das traurige Ende Serners: Am 10. August 1942 wurden er und seine Frau nach Theresienstadt, am 20. August 1942 von dort nach Riga deportiert und dort – wahrscheinlich am 23. August 1942 – im Wald von Bikernieki zusammen mit seiner Frau Dorothea und allen anderen 998 Menschen dieses Transports ermordet (Quelle: Wikipedia).

Neues Ölbild "Helm" fertig

(24.05.2016) Mit der Vorstudie zu einem größeren Ritterbild fertiggeworden.

Helm
Studie "Helm" (2016), Öl auf Malkarton, 30cm x 40cm

Thor Heyerdahl - "Aku-Aku"

(22.05.2016) Nach der Lektüre von "Kon Tiki" im letzten August war für mich klar, dass ich weitere Bücher von Thor Heyerdahl lesen würde. In meinem Lieblingsantiquariat fand ich auch recht bald eine schöne alte Ausgabe von "Aku-Aku": Ein Ullstein-Buch aus dem Jahr 1958, bis auf den Schutzumschlag ausgezeichnet erhalten, mit sehr gut leserlicher Schrift auf gutem Papier - man sieht dem Band die 58 Jahre nicht an.

Heyerdahl, AKu-Aku Thor Heyedahl
Links: Der Schutzumschlag ist etwas ramponiert.
Rechts: Thor Heyerdahl

Heyerdahl ist ein Phänomen, ein publizistisches Talent ohne Beispiel. Nach seinem Welterfolg "Kon Tiki" (die weltweite Auflagenhöhe mit allen Übersetzungen wird auf 50 bis 100 Millionen Exemplare geschätzt) war er finanziell ein gemachter Mann und konnte ohne Mühe die einjährige Expedition zur Osterinsel (und einigen anderen Zielen) ausrüsten. Er wird natürlich trotzdem noch sein Verhandlungsgeschick genutzt haben, um zusätzliche Förderer und Sponsoren zu bekommen - ganz klar.

Der Mix ist der gleiche wie bei "Kon Tiki" - etwas Archäologie, etwas praktische Forschung, etwas Abenteuer, etwas Ethnologie, etwas über Menschen und so weiter. Das ergibt eine fesselnde Lektüre, die man kaum beenden möchte. Die letzten 250 Seiten habe ich am Sonntag an einem Stück gelesen...

Die Osterinel wurde in den fünfziger Jahen nur einmal im Jahr von einem Kriegsschiff angelaufen, welches nur einige Tage blieb - zu kurz für eine Expedition. So blieb nur die Möglichkeit, die Expedition mit einem eigenen Schiff durchzuführen. Heyerdahl konnte für ein Jahr - von September 1955 bis September 1956 - die "Christian Bjeland" chartern, einen Trawler für die Grönlandfischerei. Dass er von der Zusage bis zur Abfahrt gerade einmal fünf Monate zur Zusammenstellung der Ausrüstung, zum Anheuern der Offiziere und der Mannschaft, für die Einladung von fünf Archäologen zur Durchführung der Grabungen usw zur Verfügung hatte - und es schaffte, illustriert sein beispielloses Organisationstalent. Die Zeit reichte sogar noch, am Bug des Schiffes und am Schornstein sinnige Bilder (von Vogelmenschen und vom Kon-Tiki-Kopf) anbringen zu lassen.

Das Buch ist aus einem Guss, das heisst, dass er argumentativ und vom Aufbau her alles so darstellt, wie es zu seiner Theorie am besten passt. Er kann allerdings auch nur deswegen so überzeugend auftreten, weil er abweichende Meinungen und Kritik entweder gar nicht anführt oder nur kursorisch. Aber er hat ja recht: Er will begeistern, er will bekannt werden, er will Bücher verkaufen, er will unterhalten - und das schafft er. Es ist ganz klar, dass "Aku-Aku" keine wissenschaftliche Publikation ist, man sollte also zufrieden sein, ein spannend geschriebenes populärwissenschaftliches Buch lesen zu können.

Eine schöne Übersicht über die Entdeckungsgeschichte der Osterinsel und ihrer Geschichte bis ins zwanzigste Jahrhundert bringt er auf den Seiten 24-35. Längere Passagen, die manche Themen weiter ausführen, gibt es mehrfach im Buch im Buch verstreut.

Heyerdahl lobt immer wieder den Arbeitseifer und die Produktivität der Osterinselbewohner, speziell der Abkömmlinge der Langohren, die so ganz anders seien als die Bewohner der polynesischen Inseln. Denkbar, dass Heyerdahl dies so oft erwähnt, um seine These von der Herkunft der Osterinsel-Langohren auch damit zu erhärten. [S.37]

Heyerdahl war auf der Insel berühmt, wurde respektvoll "Senor Kon-Tiki" genannt. Er hat das gerne mehrere Male ausgenützt, einen der Gründe für seine Berühmtheit aber nur knapp geschildert: Nach der Niederschlagung des letzten Aufstands der Osterinselbewohner 1915 gegen ihre Unterdrückung herrschte auf der Insel ein halbes Jahrhundert lang das chilenische Kriegsrecht. Die Wikipedia fasst das gut zusammen:

Bis zum Jahr 1967 herrschte auf der Insel das chilenische Kriegsrecht. Die Bewohner der Insel unterstanden einer restriktiven militärischen Verwaltung mit einem von Chile eingesetzten Militärgouverneur an der Spitze. Obwohl chilenische Staatsbürger, hatten die Insulaner kein Anrecht auf einen chilenischen Pass und durften die Osterinsel nicht verlassen. Ihr Aufenthalt war auf ein umzäuntes und bewachtes Gebiet um Hangaroa beschränkt, der übrige Teil der Insel durfte nur mit Erlaubnis des Gouverneurs betreten werden. Eigenständige, demokratische Strukturen in der lokalen Verwaltung wurden erst Ende der 1960er Jahre zugelassen.

Das erklärt den Wunsch einiger der Bewohner, zum Beispiel des Bürgermeisters Pedro Atan, nach Chile zu kommen. Das erklärt auch die Bezeichnung "Fluchtversuche" für die Unternehmungen einiger Bewohner, sich nach Heyerdahls Beispiel mit einem Floß von der Insel zu entfernen und nach Polynesien treiben zu lassen - dahinter steckte keine Abenteuerlust, sondern der Wunsch, aus einem Ghetto auszubrechen. Heyerdahl durfte im Interesse seiner Forschungsarbeiten, für die er ja die Unterstützung des chilenischen Staates beantragt hatte, keine politischen Aussagen machen. Die Charakterisierung des damaligen Lehrers und des damaligen Arztes, die Heyerdahl als Sonderlinge schilderte, gewinnt vor diesem Hintergrund eine andere Bedeutung. Sie setzten sich erklärtermaßen dafür ein, dass die Osterinselbewohner ein Anrecht auf den chilenischen Pass bekämen und Reisefreiheit erhielten [S.63].

Wie man auf den Seiten der Osterinselfreunde erfährt, ist das Thema immer noch nicht ganz vom Tisch:

Noch im 21. Jahrhundert gibt es auf der Osterinsel Unruhen unter den heimischen Rapa Nui. Protestaktionen gegen die chilenische Regierung wechseln sich mit blutigen Niederschlagungen von Aufständischen ab. Eine radikal angehauchte Gruppe fordert die Unabhängigkeit der Osterinsel; gemäßigte Gruppen und auch der überwiegende Teil der Rapa Nui sind allerdings der Meinung, dass die Insel nur mithilfe der chilenischen Wirtschaftskraft fortbestehen kann.

Der Erfolg von Heyerdahls Reise hing auch damit zusammen, dass er sich mit den Bewohnern unterhalten konnte, dass er ihr Vertrauen gewann, und dass er ein gutes Verhältnis zu den Keyplayern auf der Insel aufbaute (dem Pater Sebastian Englert, dem Gouverneur Arnaldo Curti, dem "Langohr" und Bürgermeister Pedro Atan, und zu Analola, der einflußreichsten Frau der Insel).

Kleinigkeiten:

Fast auf jeden Landschaftfoto finden sich Pferde. Selbst der ärmste Eingeborene hat mindestens ein Pferd, die Kindern lernen gleichzeitig laufen und reiten [S.55].

Interessante Schilderung eines Gottesdienstes [S.60]. Wie man aus den Erinnerungen von John Loret, dem Taucher der Expedition, erfährt, forderte der Pater ihn auf, ihn bei der Messe als Messdiener zu unterstützen (da er ja Katholik sei), und Heyerdahl gab seine Genehmigung, da dies für die Expedition "eine gute Sache" sei. Eine Hand wäscht die andere... John Loret, John T. Tanacredi: Easter Island: Scientific Exploration into the World’s Environmental Problems in Microcosm, 2012 [S.4-6]

Die Höhlenbesuche, besonders das Abenteuer in der "Höhle der Jungfrauen" [S.74ff] sind immer wieder spannend zu lesen.

Ich verstehe es nicht, aber "Wie fast alle Bewohner der Südsee, war auch das Osterinselvolk ganz verrückt nach Zigaretten [S.95].

Ein Schiffsausflug um die Insel mit allen Schülern der Insel endete mit zwei toten Schülern und dem toten Lehrer. Aber: "Die Eingeborenen vergaßen das Unglück unglaublich rasch" [S.121].

Rhetorische Tricks von Heyerdahl finden sich immer wieder, wenn es darum geht, etwas zu erreihen, etwas zu bekommen. Hier als Beispiel reizt er Pedro Atan dazu, die Herstellung der Steinstatuen mit einer Gruppe von "Langohren" zu demonstrieren [S.135]. Dabei finden spannende Zeremonien statt [S.136ff]. Auf vergleichbare Weise bringt er den Bürgermeister dazu, eine Statue aufzurichten [S.146ff] und die Dorfbevölkerung, einen Moai üer das Land zu ziehen (und sich dabei zu amüsieren) [S.154].

Wie nicht anders zu erwarten ist der Aberglauben allgegenwärtig, da biss sogar der hochgeachtete Pater auf Granit. Seine Köchin behauptete, von einem Wal abzustammen. "Eroria antwortete nur immer, das könne er unmöglich wissen, auch wenn er ein Pfarrer sei, denn sie habe es von ihrem Vater gehört, der es von seinem Vater erfahren habe, dem aber habe es wieder sein Vater anvertraut, und der müsse es doch wohl gewusst haben, denn der sei ja selber der Wal gewesen! [S.170] Köstlich!

Wie schafft es Heyerdahl, so gut über seine Reisen berichten zu können? Natürlich mit Tagebuch-schreiben, egal wie spät es in der Nacht wurde [S.260]

Sonne mit Sonnenfleck (AR 12542)

(21.05.2016) Auf der Sonne ist gegenwärtig ein relativ kleiner, aber dunkler und deswegen leicht zu sehender Sonnenfleck zu finden (offizielle Bezeichnung: AR 12542). Ich habe ihn sogar mit bloßem Auge (natürlich mit Sonnenfilterfolie) unschwer sehen können, als winziges Pünktchen. Im Teleskop (80/400-Refraktor mit 9mm-Okular) ist er ganz leicht. Wie üblich habe ich versucht, einfach durch das Teleskop zu fotografieren, hier einige Ergebnisse.

Sonne, 21.05.2016
Sonne mit Refraktor 80/400, 9mm-Okular und freihändig gehaltener Digicam, 8h00 UT

AR 12542 AR-12542
Links ein Ausschnitt aus obiger Aufnahme, rechts zum Vergleich eine SDO/HMI-Aufnahme

Theater Heidelberg, "Vor-Sicht Spielplan"

(14.05.2016) Das Wortspiel will auf den neuen Spielplan des Heidelberger Theaters ab Sommer hinweisem: Mit "Vor-Sicht" ist also einerseits eine Vorschau gemeint, andererseits soll etwas wichtigtuerisch vor der gesellschaftliche Relevanz des Theaters und der Explosivität mancher Stoffe gewarnt werden. Na gut. Die Veranstaltung selber war kurzweilig, Spartenleiter und Ensemblemitglieder aus Oper, Konzert, Tanz, Schauspiel und Jungem Theater präsentierten im alten Saal Premieren und Wiederaufnahmen der nächsten Spielzeit (2016/2017). Von der ein oder anderen Oper gab es eine Arie (die natürlich nur auf dem Klavier begleitet wurde), von der neuen Tanzproduktion einen Solotanz vom fast nackten Kyle Patrick, mit einer tollen Körperbeherrschung vorgeführt: Ich erwartete am Ende orgiastische Frauenschreie, tatsächlich waren es in der Mehrzahl Männer, die im Publikum lauthals aufstöhnten... Dazu muss man wissen, dass Kyle Patrick von den Niederländischen Antillen stammt (also kein Bleichgesicht ist...) und ein vergleichsweise großer und muskulöser Tänzer ist.

Neues Ölbild "Ritter" (Arbeitstitel) weiter

(10.05.2016) An der Vorstudie zu einem größeren Ritterbild weitergemacht - hier geht es nur um einen Helm, aber immerhin...

Ritter
Arbeitstitel "Ritter" (2016), Öl auf Malkarton, 30cm x 40cm

Merkurdurchgang am 09.5.2016

(09.05.2016) Ein Merkurdurchgang gehört zu den Ereignissen, auf die man sich auf Jahre hinaus schon freut. Einerseits ist es ein sehr seltenes Ereignis, andererseits kennt man die Datümer auf Jahrhunderte und Jahrtausende voraus - es ist nichts überraschendes dabei. Das einzige unwägbare dabei ist das Wetter - so auch beim heutigen Merkurducchgang. Über eine Woche lang hatten wir schönes und sonniges Wetter, aber just heute sollte sich das ändern. Ich machte früher Feierabend, sah während der Fahrradfahrt nach Hause aber eine Wolkenfront von Westen kommen. Kaum war ich zuhause, war sie auch schon da und von der Sonne war erst einmal nichts mehr zu sehen. Eine Stunde lang kauerte ich am Teleskop, um vielleicht eine Wolkenlücke zu erwischen - dann begann es einfach so wieder aufzuklaren. Warum nicht gleich!

Merkurdurchgang 09.05.2016
Ausschnitt aus einer Sonnenaufnahme zur Verdeutlichung der Größenverhältnisse.
Merkur ist das winzige Pünktchen rechts unten.
Oben rechts die einzige markante Sonnenfleckengruppe (AR 12542).

Ganz anders als beim Venusdurchgang 2004, bei dem die Venus auch schon mit dem Feldstecher leicht zu sehen war, ist der Merkur vor der Sonnenscheibe ein winziges Pünktchen und braucht ein Teleskop. Mit 45 facher Vergrößerung war das Bild angenehm hell und kontrastreich, der Merkur aber gerade so als winziges Pünktchen zu ahnen, mit 80 facher Vergrößerung war das Bild etwas flau, aber hier war der Merkur als schönes kleines Scheibchen gut zu erkennen. Auch der Sonnenfleck war recht detailreich zu sehen. Ich machte schnelle Skizzen vom Anblick durch das Teleskop und dann noch einige Aufnahmen mit einer einfachen alten Digitalkamera (IXUS 70), freihändig hinter das Okular gehalten.

Merkurdurchgang 09.05.2016
Leicht vergößerter Ausschnitt der Aufnahme von oben.

Die Fleckengruppe AR 12542 war auf den recht flauen Aufnahmen überraschend gut zu erkennen, allerdings erst nach sehr starker Kontrastverstärkung. Hier ein beispielhafter Ausschnitt und als Vergleich eine (zugegebenermaßen) sehr rohe Skizze.

Merkurdurchgang 09.05.2016 Merkurdurchgang 09.05.2016
Sonnenfleckengruppe AR 12542 fotografisch und visuell

Merkurdurchgang 09.05.2016
So sah die Sonnenfleckengruppe AR 12542 durch ein Teleskop der NASA aus.
Da ist meine Zeichnung näher dran als mein Foto...

Zum Abschluss noch eine Ausschnittsvergrößerung vom Merkur - er war schließlich der Star des Tages.

Merkurdurchgang 09.05.2016
Das winzige Merkurscheibchen vor der Sonne - stark vergrößert.

Der nächste Merkurdurchgang ist schon am 11.11.2019. Im November muss man allerdings schon sehr viel Glück mit dem Wetter haben, auch kann man von Mitteleuropa aus nur den Beginn des Durchgangs sehen, weil die Sonne schon frühzeitig untergeht. Und danach muss man bis zum 13.11.2032 warten, bis der nächste Merkurdurchgang stattfindet. Ich hatte am 07.05.2003 mit dem Wetter ein riesiges Glück und konnte den damaligen Merkurdurchgang sehr gut beobachten, habe nun also schon meinen zweiten gesehen.

Alle Beobachtungen mit 80/400mm-Refraktor und Baader Sonnenfilterfolie vor dem Objektiv (freie Öffnung aber nur 60mm). Visuell wurde zur Hauptsache ein orthoskopisches 9mm-Okular verwendet, für einige Minuten auch ein orthoskopisches 5mm-Okular. Die Aufnahmen mit der IXUS wurden durch das 9mm-Okular gemacht. Beobachtungszeit 17h10 bis 17h55 MESZ (15h10-15h55UT).

Franz Kafka, Daniel Casanave, Robert Cara:
"L'Amérique"

(08.05.2016) Diese dreibändige Comic-Adaption von Kafkas "Der Verschollene" kam 2006-2008 heraus, also vor Réal Godbouts Umsetzung des Stoffs. Der Zeichenstil der beiden Ausgaben ist denkbar unterschiedlich: Während Godbout die klare Linie seines Vorbilds Hergé aufnimmt, womit man in der Folge nicht umhin kommt, Milieustudien und jede Menge Vorlagen zu suchen, um zeitgenössische Straßenansichten von New York, realistische Autos, zeitgenössische Inneneinrichtungen und so weiter korrekt wiederzugeben, wählt Casanave einen lockeren temperamentvollen Strich, der Stimmungen gut wiedergeben kann, verzichtet aber auf eine realistische WIedergabe des Umfelds. Auch seine Figuren sind fast schon Karikaturen. Jeder Stil hat seine Berechtgung, mir würde es schwer fallen, einem der beiden den Vorzug zu geben.

Casanave - Kafka - Amerique

Vom Umfang her sind beide Adaptionen vergleichbar (beide haben ca 170 bis 180 Seiten), Robert Cara (der für den Text und das Nachwort verantwortliche Partner von Casanave) hat aber deutlich weniger Text von Kafka übernommen - hier wird deutlich mehr den visuellen Möglichkeiten vertraut, Inhalte transportieren zu können.

Jeder Comic ist natürlich auch eine Interpretation des Textes, der Vergleich einer wichtigen Szene ist dafür aufschlußreich. Karl erinnert sich während der Rede seines Onkels an die Geschichte seiner Verführung:

Einmal aber sagte sie »Karl« und führte ihn, der noch über die unerwartete Ansprache staunte, unter Grimassen seufzend in ihr Zimmerchen, das sie zusperrte. Würgend umarmte sie seinen Hals, und während sie ihn bat, sie zu entkleiden, entkleidete sie in Wirklichkeit ihn und legte ihn in ihr Bett, als wolle sie ihn von jetzt niemandem mehr lassen und ihn streicheln und pflegen bis zum Ende der Welt. »Karl, o du mein Karl!« rief sie, als sähe sie ihn und bestätigte sich seinen Besitz, während er nicht das geringste sah und sich unbehaglich in dem vielen warmen Bettzeug fühlte, das sie eigens für ihn aufgehäuft zu haben schien. Dann legte sie sich auch zu ihm und wollte irgendwelche Geheimnisse von ihm erfahren, aber er konnte ihr keine sagen, und sie ärgerte sich im Scherz oder Ernst, schüttelte ihn, horchte sein Herz ab, bot ihre Brust zum gleichen Abhorchen hin, wozu sie Karl aber nicht bringen konnte, drückte ihren nackten Bauch an seinen Leib, suchte mit der Hand, so widerlich, daß Karl Kopf und Hals aus den Kissen herausschüttelte, zwischen seinen Beinen, stieß dann den Bauch einige Male gegen ihn – ihm war, als sei sie ein Teil seiner Selbst, und vielleicht aus diesem Grunde hatte ihn eine entsetzliche Hilfsbedürftigkeit ergriffen. Weinend kam er endlich nach vielen Wiedersehenswünschen ihrerseits in sein Bett.

Karl fühlt sich also unbehaglich, ist im Bett nahezu vergraben, empfindet manche Berührungen als widerlich und kommt weinend zurück in sein Zimmer.

Kafka, Casanave, Johanna Brummer

Casanaves interpretiert die Szene so, als ob Karl nicht uninteressiert gewesen wäre: Karl lächelt, als Johanna ihn packt, im Bett hat er Blickkontakt mit ihr, hält auch ihren Hintern, bei der Erinnerung schmunzelt er und hat rote Bäckchen (klasse gemacht, dass das in einer Zeichnung eindeutig rüberkommt).

Kafka, Johanna Brummer
"wow, das war ja was..."

Godbout ist nah am Text: Karl erschrickt, als er von Johanna mitgezerrt wird, sie zieht ihn aus, er versinkt in Kissen und Decken und kann wohl nichts sehen, seine Arme rudern wie hilfesuchend herum, und das Gesicht beim Erinnern deutet auf keine schöne Erinnerung hin.

Kafka, Godbout, Johanna Brummer
Das hat wohl keinen Spaß gemacht...
Man achte auf Details - das geht bis hin zu Strumpfhaltern, bei beiden!

Es ist verführerisch, in einer Comic-Adaption eines Romans von Kafka den Autor Kafka selber unterzubringen. Beide Ausgaben machen das. Bei Godbout erscheint Kafka als der Student, der tagsüber arbeitet und nachts studiert und nie schläft (vgl. das Titelbild des Comics), bei Casavane taucht Kafka am Ende des dritten Bandes nach dem Essen und vor der Zugfahrt als "le monsieur qui dirigera votre transport" auf - sehr goldig getroffen.

Vermutlich werden nur eingefleischte Kafka-Leser rund 80 Euro für eine Comic-Adaption ausgeben wollen - auf diese Summe kommt man bei der Casanave-Ausgabe. Godbout kommt auf ca 30 Euro. Mir waren beide das Geld wert.

Franz Kafka - "Der Verschollene"
und
Réal Godbout - "L'Amérique ou Le Disparu"

(05.05.2016) Die Graphic Novel "L'Amérique ou Le Disparu" von Réal Godbout "D'après le roman de Franz Kafka" habe ich im November 2013 gekauft und zweimal gelesen, jetzt wollte ich die Lektüre noch einmal machen, diesmal aber kapitelweise erst den Originaltext von Kafka, dann das entsprechende Kapitel im Comic-Roman.

Kafka - der Verschollene Kafka, Godbout, L'Amérique

Was soll man zu Kafkas Roman in wenigen Sätzen schreiben ohne platt zu wirken...? Man kann ihn immer wieder lesen, man findet immer wieder neues, man kann immer von neuem über die Slapstick-Einlagen lachen - für mich ist Kafka einfach der größte Humorist unter den Klassikern und es wundert mich nicht, dass Kafka beim Vorlesen eigener Texte oft selber Tränen gelacht hat. Der herzlich naive Held Karl Roßmann, der im ersten Satz des Romans als siebzehnjähriger vorgestellt wird und sich einige Monate später der Oberköchin im Hotel Occidental als fünfzehnjähriger vorstellt ist immerhin schon Vater "eines gesunden Jungen", auch wenn er keinen Gedanken daran verschwendet. Wenn es darum geht, anderen zu helfen oder gute Vorschläge zu machen, ist er patent und mutig. Sich selbst weiß er nicht so gut zu raten - sein Leben ist ein Treibenlassen und Ergreifen der erstbesten Gelegenheit.

Das Schicksal Karls wird gemeinhin als Abstieg bezeichnet, das sehe ich anders. Als Karl in Amerika ankommt, kennt er niemanden, ist mittellos und arbeitslos - es wäre noch nicht einmal sicher gewesen, dass er hätte einreisen dürfen. Dass er einige Monate beim reichen Onkel unterkommt, hat nichts zu bedeuten - seelisch und emotional ist er da nicht zu Hause, der Onkel hat ihm tatsächlich niemals "den Heizer [...] ersetzen können", wie Karl schon in der ersten Bekanntschaft mit dem Onkel ahnt.

Die kurze Zeit bis zur Anstellung im Hotel Occidental kann vernachlässigt werden, so dumm und naiv ist Karl nachher nie wieder. Die Stellung als Liftboy im Hotel Occidental ist so schlecht nicht, berücksichtigt man, dass Karl keinen Schulabschluß, keine Berufsausbildung, keine anderweitigen Erfahrungen hat. Immerhin haben seine angeblich lebenserfahrenen "Begleiter" Delamarche und Robinson monatelang gebraucht, um so etwas wie eine Stellung überhaupt zu finden. Karls Rausschmiss ist Pech, ist eher eine Demonstration der prekären amerikanischen Arbeitsverhältnisse, denn Karl war der Aufgabe "vollständig gewachsen". Und die Zeit bei Brunelda? Selbst der Student in der Nachbarwohnung rät Karl, nicht zu flüchten, statt dessen die Chance zu nützen - und offenbar nützt sie Karl auch. Im Fragment "Ausreise Brunelda" ist Karl ihr Vertrauter, Delamarche und Robinson haben sich offenbar - vermutlich mit allen Wertsachen Bruneldas - längst aus dem Staub gemacht.

Godbout - Detail vom Cover
Réal Godbout - Detail vom Buchcover:
Karl unterhält sich mit dem Studenten

Réal Godbout - "L'Amérique ou Le Disparu": Ich habe die Entstehung dieses Comics über Godbouts Blog von Anfang an (also seit 2009) verfolgt und selbstverständlich den fertigen Comic (oder die fertige "graphische Novelle") im November 2013 gleich bestellt. Meine Einschätzung nach der ersten Lektüre ist unverändert geblieben: Die Umsetzung ist gelungen, Réals langwierige Vorüberlegungen über Zeichenstil, Farbgebung, Charakterisierung der Personen usw (was man alles im Blog nachlesen kann) waren also richtig und wichtig. Die Umsetzung hält sich sehr eng an Kafkas Text mit einigen wohlüberlegten Abweichungen. Mutig und gut finde ich, dass Godbout Lücken in der Geschichte gegen Ende hin gefüllt hat: Das betrifft hauptsächlich das Ende der Zeit mit Brunelda, die Einlieferung Bruneldas ins "Unternehmen Nr. 25", seine Zeit danach mit wechselnden Jobs, teilweise als Pianospieler in einem Bordell, auch als Nichtseßhafter unter anderen Nichtseßhaften usw. Auch die "Naturtheater"-Episode ist etwas erweitert, zum Beispiel trifft Karl unter den Trompete spielenden Engeln eine Prostituierte namens Fanny wieder, die im Bordell arbeitete, in dem er Klavier spielte. Ich kann diesen Comic also wärmstens empfehlen! Auch die Webseite zum Comic ist unbedingt lesenswert - ich habe mir ALLES abgespeichert.

Neues Ölbild "Ritter" (Arbeitstitel) begonnen

(03.05.2016) Nach dem letzten eher aufwändigen Bild habe ich jetzt ein kleines Ölbild begonnen, eigentlich eine Vorstudie zu einem größeren Bild, bei dem u.a. Ritter (bzw. Helme) eine Rolle spielen sollen. Vorlage für das Bild ist einer der Helme des Stadterhebungsmonuments in Düsseldorf, einem Werk von Bert Gerresheim von 1988.

Ritter
Arbeitstitel "Ritter" (2016), Öl auf Malkarton, 30cm x 40cm

Noch in Düsseldorf habe ich nach dem Betrachten des Stadterhebungsmonuments und der Ritterhelme im Hotel erste Scribbles zu einen künftigen Bildprojekt gemacht, hier eines davon:

zwei Helme
Scribble zu einem zu malenden Bild, 21.04.2016, 11cm x 7,5cm

Düsseldorf, "Rumtreibtag"

(21.04.2016) Das vorgeschlagene Abend-Programm für heute bestand aus einem Essen in einem Brauhaus und dem Besuch weiterer Brauhäuser - da nutzte ich eher die Gelegenheit, mich auf eigene Faust rumzutreiben.

Düsseldorf, Fernsehturm
Düsseldorf, Fernsehturm

Düsseldorf, Landtag
Düsseldorf, Landtagsgebäude Nordrhein-Westfalen, vom Fernsehturm aus gesehen

Erstes Ziel war der Düsseldorfer Fernsehturm: Bei dem schönen sonnigen Wetter hatte ich von der Aussichtsplattform in 169 Metern Höhe einen guten Rundblick und blieb sicherlich eine halbe Stunde oben. Besonders interessant sah das Landtagsgebäude von Nordrhein-Westfalen in unmittelbarer Nähe des Fernsehturms aus. Der Blick vom Turm darauf war einfach klasse. Der Entwurf ist vom Architekturbüro Eller, Moser, Walter + Partner, die Baukosten betrugen 280 Millionen Mark. Das Gebäude war auch beim Vorbeigehen auf dem Weg zum Fernsehturm ein Blickfang, die begeisterten Pressestimmen sind nachvollziehbar.

Weiter ging es am Rheinufer entlang Richtung Hafen, ein schöner Spaziergang bei sommerlichen Wetter. Da ich den Rheinwiesenweg nahm, konnte ich Dank der Distanz manche der Gebäude recht gut in Augenschein nehmen. Dieses hat mir besonders gut gefallen:

Düsseldorf, Gebäude im hafen
Düsseldorf, Gebäude im Hafen

Auf dem Rückweg (immer der Promenade entlang) war ich fast neidisch, dass Heidelberg keine Stadt am Neckar, sondern eine Stadt an der B3 ist. Die Wiesen am Rhein, die Restaurants an der Promendade, die "Spanische Treppe" beim alten Schloßturm waren gedrängt voll. Ich trieb mich noch eine Stunde herum, spektakuläres gab es aber nicht mehr zu sehen.

Komödie von Eric Assous - "Unsere Frauen"

(20.04.2016) Zum vorgeschlagenen gemeinsamen Abend-Programm während der ifb-Schulung zum Thema "Betriebliches Eingliederungsmanagement" in Düsseldorf gehörte auch die Komödie "Unsere Frauen" von Eric Assous im "Theater an der Kö". Ein nettes, kurzes Theaterstück, ideal nach einem konzentrierten Schulungstag.

Drei Männer treffen sich regelmäßig zum Kartenspiel, alte Freunde, eine nette Tradition. Allerdings lebt man sich in Beziehungen, die nur noch punktuell mit ritualisierten Kartenspiel-Abenden zusammengehalten werden, irgendwann doch auseinander, was sich während der Spielabende vielleicht noch vertuschen lässt, aber in Stresssituationen ganz deutlich wird. Eine gewisse gereizte Stimmung ist schon zu Beginn zu spüren, als zwei der Freunde (Max, der Radiologe und Paul, der Allgemeinarzt) auf den dritten (Simon) warten. Max ist Ästhet, bewusst Single, stolz auf seine Designermöbel, die er immer wieder zurechtzupft, und stolz auf seine LP-Sammling mit französischen Chansons, stilisiert sich etwas - aber nicht ganz glaubwürdig - als Frauenheld. Paul lebt bieder mit Frau und Kindern, keine Affäre, hat aber keine Ahnung, wie seine Frau und Kinder ticken, es interessiert ihn nicht, die aus seinem Desinteresse resultierenden Probleme mit Frau und Töchtern kann er aber gar nichtr nachvollziehen. Seine Rückenprobleme führen zu für ihn ärgerlichen, für den Zuschauer sehr erheiternden Situationen mit den Designermöbeln. Simon ist ein recht erfolgreicher Friseursaloninhaber und hat seinen Freunden schon mal finanziell ausgeholfen. Zur verabredeten Zeit ist er nicht da, was recht schnell zu bösartigen Kommentaren der Wartenden führt, und als er kommt und erzählt, dass er seine Freu versehentlich erwürgt hat, steckt man mitten in einem psychologischen Experiment, wo jeder sein wahres (oder wahreres) Gesicht zeigt, und da steckt viel aufgestaute und unterdrückte Aggression dahinter. Die Vorschläge, was man machen könnte, was man machen sollte, die Versuche, sich aus jeder Mitverantwortung zu ziehen gegenüber dem Versuch, die Freunde mit in die Lösungsalternativen zu ziehen (Alibi geben lassen) führen zu vielen spannenden und heftigen Diskussionen und Gefühlsausbrüchen.

Das Setting hat mich etwas an Yasmina Rezas Schauspiel "Kunst" erinnert, wo die Freundschaft dreier Männer durch den für die anderen nicht nachvollziehbaren Kauf eines teuren, (fast) rein weißem Gemäldes durch einen der Freunde auf eine harte Probe gestellt wird.

Die drei Schauspieler (Bernard Bettermann, Mathias Herrmann und Jochen Horst) haben alle sehr gut gespielt. Laut meinen Kollegen sind sie aus Fernsehsendungen bekannt - aber da kenne ich mich nicht aus, mir waren sie unbekannt.

Fazit: Eine unterhaltsame Komödie, deren Besuch Spaß gemacht hat, auch wenn mir das Ende nicht gefallen hat.

Düsseldorf, Stadtführung

(19.04.2016) Am zweiten Tag der ifb-Schulung zum Thema "Betriebliches Eingliederungsmanagement" in Düsseldorf stand eine Stadtführung auf dem Plan. Natürlich war das nur eine abgespeckte Variante, denn wir hatten schon einen ganzen Schulungstag in den Knochen und es war schon ca 19 Uhr. Letztlich bewegten wir uns in der Hauptsache im Zentrum, also in der Altstadt, dazu die Kö und etwas Hofgarten. Die vom Hofgarten aus sichtbare Seite des Breuninger-Kaufhauses sieht "ganz nett" aus - in Anbetracht der Kosten und des New Yorker Stararchitekten Daniel Libeskind aber ein "Quentchen" enttäuschend. Die Bepflanzung einiger Fassadenelemente wirkt aufgesetzt - was soll das bei einem derart abgeschotteten Bau, der wie eine Mauer zum Park steht. An den Schaufenstern vom Breuninger vorbeizugehen ist kein Erlebnis, regt aber zum Nachdenken an... Was für eine Klientel kauft Kleidung zu solch perversen Preisen? Bei einigen Designerläden in der Kö ist das noch deutlicher: Wer kauft sich ein unspektakulär aussehendes Polohemd zum Preis eines Angestellten-Monatslohns? Wer kauft einen Jeansanzug, der nach Plastik-Material aussieht und eher für Kaneval taugt für rund 5000 Euro? Und hat man ihn ein drittes mal an, rümpfen die Bekannten wohl die Nase, "schon wieder der...".

Die Altstadt von Düsseldorf - na ja. Wenn man aus Heidelberg kommt und einige Jahre in der Altstadt gewohnt hat, dann ist die Düsseldorfer Altstadt vergleichsweise unattraktiv. OK, Kneipen hat's genug, aber die kann man auch nicht immer brauchen.

Gefallen hat mir die Rheinpromenade, und das lässt ein vergleichbares Heidelberger Projekt plötzlich mit anderen Augen sehen. Der Fernsehturm am Rhein hat so gut ausgesehen, dass er für mich als Ziel für einen der nächsten Abende feststand.

Auch gut gefallen hat mir das Stadterhebungsmonument, besonders einige Helme. Einige dieser Helme habe ich trotz der schon fortgeschrittenen Dämmerung fotografiert und im Hotel dann Scribbles zu Bildideen damit gemacht.

Duesseldorf, Stadterhebungsmonument
Düsseldorf, Stadterhebungsmonument, zwei Ritterhelme

Wie nicht anders zu erwarten sind wir dann in einem Brauhaus gelandet, welches an sich nett aussah, aber vom Geräuschpegel her eine Kommunikation gerade mal mit dem Nebenmann, der Nebenfrau erlaubte - eigentlich schade. Immerhin bekam ich als Nicht-Biertrinker ohne blöden Kommentar einen Kaffee.

Die Dame, die unsere Gruppe herumführte, war phantastisch - da blieb man gerne in ihrer Nähe, um möglichst viel aufzuschnappen.

James Boswell - "Dr. Samuel Johnson. Leben und Meinungen"

Mit dem Tagebuch einer Reise nach den Hebriden. Herausgegeben und aus dem Englischen von Fritz Güttinger.

(13.04.2016) Ein 800-Seiten-Buch, zu dessen Lektüre ich mich wegen Zeitknappheit nur mit Vorbehalt entschlossen habe. Boswells Biographie hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, aber ob Samuel Johnson und Boswells Biographie tatsächlich den Stellenwert in England haben, den Goethe in Deutschland hat, wie in der ansonsten sehr guten Einführung behauptet wird, mag bezweifelt werden.

Boswell - Johnson

Immerhin ist James Boswell im englischsprachigen Kulturkreis so bekannt, dass Robert Crumb zu Boswells Tagebüchern eine Comic-Strecke herausgegeben hat - im Internet findet man einige Seiten davon. Das liegt daran, dass Boswell eine Art Doppelleben führte, viele Affären sowie Kontakte zu Prostituierten hatte - mit allem, was dazu gehört (uneheliche Kinder, häufig Geschlechtskrankheiten).

Ganz grob geht Boswell, der erst 22 war, als er den 53-jährigen Johnson kennenlernte, in seiner Biographie chronologisch vor. Man kann allerdings nicht sagen, dass das Leben Johnsons besonders ereignisreich war, den Löwenanteil bilden daher Tagebuchprotokolle Boswells vom Essen mit Johnson bei dem oder der und wer alles dabei war und über was geredet wurde - "Meinungen" Johnsons werden also referiert, und meist hat er ja auch das letzte Wort.

Man bekommt einen sehr guten Eindruck von der damaligen Gesprächs- und Diskussionskultur und überhaupt der Rolle der Geselligkeit. Fast jeden Abend ist (und ißt) man in Gesellschaft. Das Ausgehen oder das Empfangen von Besuchern gehört einfach dazu. Alles neue (Bücher, Theateraufführungen, Kriminalfälle, ...) wird diskutiert, mindestens eine rudimentäre Kenntnis davon wird vorausgesetzt. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel haben noch Unentschiedene die Möglichkeit, sich eine fundierte Meinung zu bilden. Klar, dass Alpha-Tiere wie Samuel Johnson ihre vorgefasste Meinung sagen und punktum. James Boswell dagegen, der auf den ersten Blick als Johnsons Eckermann agiert, saugt begierig die Meinungen anderer auf und schreibt alles getreulich in seine Tagebücher, aber "alles" heisst eben auch, dass er keinen Olympier aus Johnson macht, sondern auch negative Seiten getreulich widergibt, auch Streitgespräche zitiert oder Themen, bei denen er sich von Johnson nicht überzeugen ließ. Spannend, wie Boswell neben Johnson explizit berühmte Leute aufsucht (auch die von Johnson abgelehnten Voltaire und Rousseau und noch weitere), um sich mit ihnen bekannt zu machen und zu diskutieren.

Manche der diskutierten Themen sind nicht uninteressant und können eine gewisse Zeitlosigkeit für sich beanspruchen, oft geht es aber auch um zeitgenössische Themen oder Personalien, was für den typischen heutigen Leser von geringeren Interesse ist - würde ich jedenfalls sagen. Da das Buch hauptsächlich "Meinungen" zum besten gibt, muss man allerdings auch dazu sagen, dass diese Meinungen doch zum Teil sehr altväterisch sind und Staub angesetzt haben: Die Rolle der "richtigen" Religion ist unangefochten, die Regierung hat immer Recht, die Frauen haben so zu sein, wie sie die damalige Zeit halt wollte, also letztlich Menschen zweiter Klasse, Kinder müssen drakonisch bestraft werden, Wissen und Benehmen müssen eingeprügelt werden, Diebe gehören gehängt und so weiter und so fort. Für die heutige Zeit möchte man da nicht viele Weisheiten übernehmen.

Den Anhang bildet das Journal einer Hebridenreise von Boswell und Johnson - da gibt es interessante Beobachtungen und schnurrige Einzelheiten; diese Lektüre macht Lust auf mehr, denn sowohl die Biographie ist gekürzt (nur etwa ein Viertel umfasst diese Auswahl) als auch die Reisebeschreibung (ein Sechstel wird nur abgedruckt), weswegen alles etwas sprunghaft wirkt. Einen Hinweis auf die Kürzungen finde ich aber nirgends im Buch

Ein Urteil über die Lektüre ist nicht leicht. Die Übersetzung von Fritz Güttinger gefällt mir, das Buch liest sich deswegen richtig flüssig. Bei einer holprigen Übersetzung hätte ich früher oder später die Lektüre beendet. Inhaltlich ist der Text wie schon angemerkt leider aus einer anderen Zeit. An der muss man interessiert sein, sonst kann man das Buch gar nicht geniessen. Mir hat das Buch in vielerlei Hinsicht aber doch gefallen, ich würde als Note 7/10 vergeben).

Ölbild "Unterhemden" - fertig

(12.04.2016) Letzte Korrekturen gemacht. Jetzt betrachte ich es als fertig.

Unterhemden
Unterhemden, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Gay Talese - "The Voyeur’s Motel"

(07.04.2016) Ein höchst interessanter und spannender Aufsatz (und lang: im Format DIN A4 ausgedruckt über 20 Seiten) über einen Voyeur, der als Hotelbesitzer in der Lage war, sinnige Umbauten in manchen Räumen auszuführen, so dass er Hotelgäste unbemerkt beliebig oft und lange heimlich beobachten und ihre Gespräche belauschen konnte. Das tat er jahrzehntelang, praktisch täglich, und führte penibel Buch darüber - bis hin zu jährlichen Zusammenfassungen und Statistiken. Seine Beschreibungen sind zwar die eines Hobby-Wissenschaftlers, selber hielt er sie aber für so wichtig wie die Forschungen zum Beispiel von Masters und Johnson - wobei er sein Material als authentischer ansah als deren Beobachtungen, weil seine "Versuchspersonen" nichts von der Beobachtung wussten. So kam das Material auch überhaupt deswegen ans Licht, weil der Beobachter sein Material für so wertvoll für die Wissenschaft betrachtete, dass er mit Gay Talese Kontakt aufnahm. Mit Gay Talese deshalb, weil dieser ein Buch über die sexuelle Revolution in Amerika geschrieben hatte.

Ich habe den Aufsatz zweimal lesen müssen, weil er so interessant war. Man kann zwar über manches schmunzeln, was man da lesen muss, aber Hand aufs Herz: Würde man sich gerne bei manchen Verrichtungen beobachten lassen? Würde man selber nicht auch ein ziemlich trauriges Bild abgeben? Leben nicht genug Paare so neben- und fast schon gegeneinander, wie die vom Voyeur beschriebenen? Das Material hält einem durchaus einen Spiegel vor, wenn man bereit ist, sich dem zu stellen.

Gay Talese wird der Herausgeber einer Auswahl aus dem Journal des Voyeurs sein, die gegen Ende des Jahres erscheinen wird.

Neues Ölbild, aktueller Stand

(05.04.2016) Heute das "deutsche Mädchen" weiter ausgearbeitet und einige Kleinigkeiten da und dort geändert. Beim nächsten Maltermin wird das Bild (hoffentlich) fertig sein.

wip
work in progress, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Antoninho Travadinha - "Feiticeira di côr Morena"

(24.03.2016) In den achtziger und neunziger Jahren habe ich es noch geschafft, regelmäßig Spezialsendungen (Folklore, Chanson, Jazz und andere) zu hören und habe dabei viel aufgenomnmen - zuerst noch auf Tonband, später auf Kassette. Inzwischen gibt es (gefühlt) nicht mehr so viele Sendungen in der damals gewohnten Qualität: Die Musikredakteure damals waren umfassend gebildet. Allerdings hätte ich heute kaum noch Zeit, solche Sendungen überhaupt zu hören. Aber ich profitiere immer noch von vielen Schätzen, die ich damals kennenlernte bzw. aufgenommen habe.

Travadinha
Antoninho Travadinha - "Feiticeira di côr Morena"

Ende der achtziger Jahre wurde in einer Sendung über portugiesische Musik die LP "Feiticeira di côr Morena" von Antoninho Travadinha in drei Ausschnitten vorgestellt. Zum Glück habe ich alle drei Titel aufgenommen. Die wunderbar entspannte aber gleichzeitig traurig-resignierte Musik habe ich immer mal wieder gerne angehört. Inzwischen habe ich alle Aufnahmen und in den letzten Tagen aus einer Laune heraus die ganze CD mindestens sechsmal genüßlich durchgehört - und das innerhalb nur einer Woche. Eine zeitlose Musik, die kein bißchen Staub angesetzt hat.

Zu Antoninho Travadinha (bürgerlich António Vicente Lopes) ist wenig biographisches zu finden. Er stammt aus dem kleinen Ort Janela im Distrikt Paúl der zweitgrößten Kapverden-Insel Santo Antão. Die ganze große Familie war musikalisch, und so trat auch Travadinha schon früh (mit neun Jahren) öffentlich auf. Anfang der achtziger Jahre, mit etwa vierzig Jahren machte er eine Portugal-Tournee und dabei wurden Aufnahmen im Lissaboner "Hot Club" gemacht. Diese Aufnahemen wurden posthum (1998) auf CD veröffentlicht: "Travadinha - No Hot-Club". Mitte der achtziger Jahre gehörte Travadinha auch zu den Begleitmusikern der wohl berühmtesten kapverdischen Musikerin, von Cesária Évora.

Im November 1986 wurde in Lissabon die einzige zu seinen Lebzeiten veröffentlichte Platte aufgenommen, eben jene "Feiticeira di côr Morena", die eine gewisse Berühmtheit erlangte und immerhin auch in Deutschland als interessante Neuerscheinung vorgestellt wurde. Leider ist Antoninho Travadinha einige Monate nach dem Erscheinen der LP verstorben. Die LP wurde 1996 als CD unter dem Namen "Le violon du Cap-Vert" wiederveröffentlicht.

Travadinhas Hauptinstrument ist die Violine, er soll aber auch sehr gut auf der Cavaquinho und der Gitarre gewesen sein. Das Repertoire umfasst die traditionelle kapverdische Musik, in der Hauptsache die Morna oder die lustigere Variante Coladeira (zur Musik der Kapverdischen Inseln vgl. die Wikipedia). Der Stil von Travadinha ist frei von jeder Show, fast schon sparsam, er ordnet sich vollkommen der Musik unter und nutzt sie nicht als Vehikel zur Selbstdarstellung. Die verfügbaren Videos zeigen einen eher introvertierten Spieler, für den die Musik die Hauptsache ist.

Ich höre sehr gerne die Musik der Kapverden (oder sagen wir: die Musik kapverdischer Musiker: Cesária Évora, Mayra Andrade, Lura und viele andere, und darunter eben auch Antoninho Travadinha - das sind viele exzellente Musiker und besonders Sängerinnen für so ein kleines Land. Die Kapverdische Musik verbindet portugiesische, afrikanische und brasilianische Elemente, das gibt eine tolle Vielfalt.

Eine wunderschöne Musik, unbedingt hörenswert.

Matthias Penzel & Ambros Waibel - "Rebell im Cola-Hinterland. Jörg Fauser. Die Biographie"

(28.03.2016) Jörg Fauser gehört seit über zwanzig Jahren zu meinen Lieblingsautoren. Die letztjährige Lektüre des aus dem Nachlaß herausgegebenen Romans "Die Tournee" hat mir Lust gemacht, auch die 2004 erschienene Biographie von Matthias Penzel und Ambros Waibel noch einmal zu lesen, die ich 2005 leider nur oberflächlich überflogen habe. Inzwischen ist das Buch nur noch gebraucht (oder als ebook) erhältlich, als gebrauchtes Buch beginnen die Angebote bei knapp 39 Euro, mehr als dem doppelten des Originalpreises (16 Euro), den ich damals gezahlt habe.

Penzel, Waibel - Fauser

Die beiden Autoren haben die Vorarbeiten zum Buch zur rechten Zeit gemacht und hatten das Glück, ausführliche Interviews mit der Mutter, der Witwe, mit noch lebenden ex-Freundinnen, Verwandten, Kollegen und Freunden machen zu können. Heute, 2016, fast 29 Jahre nach Fausers Unfalltod im Juli 1987, leben die meisten nicht mehr.

Die Biographie ist ausgezeichnet! Ich habe über eine Woche intensiv daran gelesen, mit vielen Anstreichungen, mit vielen Nebenrecherchen über Personen, die zeitgeschichtlich interessant waren, heute aber aus dem Rampenlicht verschwunden sind (in den achtziger Jahren habe ich z.B. gern und viel von Wolfgang Pohrt gelesen, dieser Name war aber inzwischen gänzlich aus meinem Bewusstsein verschwunden - durch die Lektüre kamen ähnliche Erinnerungen in Massen hoch.

Penzel und Waibel geben einen ausführlichen zeitgeschichtlichen Hintergrund - immer wieder mitten im Text, nicht als Einleitung oder Nachwort - er ist integriert. Alleine diese Passagen laden immer wieder ein, über die eigenen Erinnerungen an diese Zeit nachzudenken. Auch das ist mir bei der Lektüre immer wieder passiert - ich triftete innerlich in eigene Erinnerungen ab...

Zu Fauser ist biographisch und zum Werk alles in einer Detailtiefe geschildert, die mir vollkommen ausreicht. Viele Stellen habe ich mir zur nochmaligen Lektüre oder zum Abtippen angestrichen, zu einigen Themen und Personen möchte ich noch weitere Recherchen machen. Das sehr umfangreiche Register ist in der Qualität so nicht üblich und eine große Hilfe, wenn man am Suchen nach Zusammenhängen ist.

Die 287 Seiten sind eine absolut empfehlenswerte Lektüre!

Zu Jörg Fauser habe ich bisher dreimal etwas geschrieben:

Krater "Occator" auf Ceres

(22.03.2016) Endlich hat die Sonde "Dawn", die seit März 2015 den Zwergplaneten Ceres umkreist, Detailaufnahmen des Kraters "Occator" geliefert. Occator enthält den hellsten der faszinierenden hellen Flecken von Ceres, der sogar schon mit dem Hubble-Teleskop nachweisbar ist. Der Kontrast des hellen Fleckens zur dunklen Ceres-Oberfläche ist so hoch, dass er wie ein Leuchtfeuer wirkt.

Eine Erklärung für das Phänomen gibt es noch nicht, nur Theorien, die meistens von Salzen ausgehen. Zunächst ist es aber erst einmal wichtig, mehr Details zu erkennen. Dafür bringt die neu veröffentlichte Aufnahme doch schon mal einige Voraussetzungen mit.

Hier einige Aufnahmen von Ceres mit Occator:

Ceres
Die linke Aufnahme ist vom Hubble-Teleskop und zeigt deutlich (wenn auch sehr unscharf) den hellen Fleck. Die rechte Aufnahme stammt aus der Anflugphase von Dawn und zeigt, dass der Fleck sich im inneren eines Kraters befindet und mindestens aus zwei Regionen besteht.

Ceres, Krater Occator
Gesamtansicht des Kraters Occator, Durchmesser 92 km. Licht von rechts.

Die Webseite der Mission beschreibt das Kraterinnere so:

"Dawn's close-up view reveals a dome in a smooth-walled pit in the bright center of the crater. Numerous linear features and fractures crisscross the top and flanks of this dome. Prominent fractures also surround the dome and run through smaller, bright regions found within the crater."

Ceres, Krater Occator, Zentrum
Ausschnitt mit dem Zentrum des Kraters, Maßstab von mir ergänzt. Licht von rechts.

Ceres, Krater Occator, Zentrum
Vergrößerter und von mir kontrastverstärkter Ausschnitt einer Farbaufnahme.

Corto Maltese - "Unter der Mitternachtssonne"

(20.03.2016) Corto Maltese, die von Hugo Pratt 1967 ins Leben gerufene Comicfigur, ist einer meiner Helden. Alle Bände habe ich, teils unter schwierigen Bedingungen nachgekauft, als es die vielen Neuausgaben noch nicht gab, noch kein Ebay, nicht die vielen Online-Antiquariate. Mein teuerster Band ist "The Celts", bestellt in den neunziger Jahren in einem australischen Antiquariat, für umgerechnet über 70 DM - noch in der Vor-Euro-Zeit.

So war ich natürlich schon bei den ersten Gerüchten, dass die Serie, die nach Pratts frühen Tod erst einmal lange unterbrochen war, fortgesetzt werden sollte, elektrisiert. Dass interessante Comicfiguren ihren Schöpfer überleben ist nichts neues, das "Nachleben" muss dabei kein Niedergang sein. Donald Duck gibt es seit den dreissiger Jahren, und er ist lebendig wie eh und je, Micky Maus gibt es sogar schon seit 1928, und die letzten beiden Bände von Asterix, den es seit 1959 gibt, wurden auch ohne Beteiligung der Schöpfer der Serie geschaffen.

Corto Maltese, Mitternachtssonne

Im März kam nun die deutsche Übersetzung heraus, die ich natürlich schon lange im Buchladen meines Vertrauens vorbestellt hatte, und das Wochenende 19./20.3. gehörte in der Hauptsache der Lektüre der 98 Seiten.

Erster Eindruck

Unterm Strich haben Rubén Pellejero (Zeichnung und Farben) und Juan Díaz Canales (Szenario) sicherlich einen guten Job gemacht. Pellejero ist durch seine "Dieter Lumpen"-Serie bekannt geworden, Canales als Szenarist von "Blacksad" - einer meiner absoluten Lieblingsserien. Es sind also ausgemachte Profis, die am Werk waren.

Pellerejo hat für die zeichnerische Darstellung des Corto Maltese eine Art Corto-Maltese-Extrakt aus den im Verlauf der jahrzehntelangen Geschichte auch bei Hugo Pratt sich verändernden Gestalt gewählt. Die Zeichnungen sind durchaus gelungen, vielleicht etwas glatt und brav. Die Kolorierung ist eher langweilig, wahrscheinlich der Vorgabe geschuldet, dass der Band sowohl in einer Scharz-Weiß als auch in einer Farbversion verkauft werden sollte. So sind die Zeichnungen gleich unter der Maßgabe gemacht worden, für eine Nachkolorierung leicht verwertbar zu sein. Damit wird man leider beiden Welten nicht ganz gerecht, weder reizt man die Möglichkeiten der Schwarz-Weiß-Darstellung aus, noch die Möglichkeiten einer Farbversion.

Das Szenario von Canales ist ebenfalls "durchaus" gelungen, es ist spannend, verschachtelt, verlangt mehr als eine Lektüre. Auch nimmt es - wie auch Hugo Pratts Szenarien - immer wieder eher abseitige geschichtliche Gestalten auf (Matthew Henson, Ulkurib, Waka Yamada, ...).

Nett, aber von zweifelhaftem Wert für den Rest der Geschichte, ist der Beginn: Corto begleitet seinen Freund Rasputin zu einem Herrenschneider, liest beim Warten in einem Gedichtband, und nickt bei einem Gedicht über seltsame Begebenheiten unter der Mitternachtssonne ein. Das seltsamste laut dem Gedicht war die Feuerbestattung von Sam McGee, und Corto verwurstelt das in seinem Traum, in dem er per Hundeschlitten mit Rasputin unterwegs ist, zu einer Feuerbestattung von Rasputin im Heizkessel eines Raddampferwracks im Eis - wacht aber auf, als Rasputin im Traum ihn wütend zurückruft, weil Corto vergessen hat, die Klappe des Kessels zuzumachen. Die beiden trennen sich dann, Corto kündigt an, nach San Franzisco zu reisen, um sich dort mit Jack London zu treffen, Rasputin will sich der "Lustigen Bruderschaft der Küste" (einer historischen Piratenvereinigung) in Cayman Brac anschließen. Mit dem Rest des Buches hängt das kaum zusammen.

Vorgeschichte

Etwas unschön ist die Vorgeschichte. Der Dargaud-Verlag beauftragte unabhängig voneinander zwei Teams mit Probearbeiten. Während Canales und Pellejero letztlich den Zuschlag bekamen, wurde das Projekt mit Joann Sfar und Christophe Blain nicht weiter verfolgt. Die Umstände sind nicht ganz klar, eine Stellungnahme von Joann Sfar weist sicherlich korrekt darauf hin, dass die von ihm und Blain abgelieferten Probeseiten nicht aus Qualitätsgründen abgelehnt wurden. Schaut man sich die beiden im Internet zu findenden Seiten an, muss man dem zustimmen - der Stil ist schmissig, das Szenario ist auf dem ersten Blick als spannend und vielschichtig erkennbar, Corto erscheint aber nicht als der coole über den Dingen schwebende Held, sondern als Spielball: Er sitzt als Angeklagter vor Gericht in Südafrika, wird vom jungen Gandhi verteidigt, von Rasputin freigebombt und -geschossen, und muss sich am Ende einer wilden Flucht - an der Hand und unter ständigen Anfeuerns von Rasputin - unter den Nachwirkungen der Rauchbombe und der anstrengenden Rennerei an einer Laterne übergeben. Nicht der typische Corto - aber eine spannende neue Note für die Serie wäre das schon gewesen. Vielleicht wollte der Dargaud-Verlag nicht zu arg am Helden-Mythos kratzen...? Zur Vorgeschichte gibt es für Interessenten genug zu recherchieren, hier erst einmal genug davon.

Kritik

Was leider fast komplett fehlt ist die "Mythen-Unterfütterung" der Geschichte, das "Raunen" hinter dem reinen Abenteuer, die Tiefendimension von nachlebenden Mythen. Pratt gelang es immer wieder, mit wenigen Sätzen, mit wenigen Panels die jeweilige Geschichte in jüdisch-, christlich-, orientalische Traditionen einzubetten. Corto Maltese steht für das Ungenügen an der Realität, steht für einen metaphysischen Unendlichkeitshunger. Man muss das gar nicht groß herausarbeiten, man spürt es beim Lesen oder spürt es nicht - die Leser, die das spüren, machen die Gemeinde von Corto Maltese aus. Diese Leser werden mit dem neuen Band etwas enttäuscht - viel mehr als das reine Abenteuer gibt es nicht.

Möglichkeiten hätte es durchaus gegeben. Kein geringerer als Jack London ist schließlich der Anlaß für die ganze Geschichte, und gerade Jack London, dessen Vater und Mutter gleichermaßen eine enge Beziehung zum Okkulten hatten, hätte einen Anknüpfungspunkt bilden können. Waka Yamada, die - gekidnappt - zur Prostitution gezwungen wurde und nach ihrer Flucht zur Feministin und Sozialreformerin wurde, ist hier eine absolut geradlinig gezeichnete Frau, man kann gar nicht glauben, dass sie mit Jack London ein wie auch immer geartetes Verhältnis gehabt haben sollte: man müsste auch fragen, warum dann nicht Jack London ihr bei der Flucht geholfen hat. Ich meine, dass Pratt mehr aus dieser Anekdote gemacht hätte. Ein weiterer möglicher Ansatzpunkt: Cortos Freund Comer macht Tonaufzeichnungen der Inuit-Gesänge und Porträtfotos, um die Inuit-Kultur vor dem Vergessen zu bewahren. Das Wort "Schamane" fällt, aber wer wird als solcher bezeichnet? Comer von den Inuit, weil er mit seiner Apparatur Töne aufzeichnen kann. Die einzigen, die - unabsichtlich? - von den Inuit-Gesängen betroffen zu sein scheinen, sind einige Besatzungsmitglieder von Comers Schiff. Die anderen (z.B. Corto) klatschen Beifall. Aus heiligen Gesängen, aus Zauberliedern, aus rituellen Gesängen werden Touristenattraktionen, die beklatscht werden... Man stelle sich vor, ein katholischer Geistlicher bekommt am Ende einer gelungenen Messe Beifall!

Mein Fazit also: Ein formal gut gemachter Abenteuercomic; zu kurz kommt aber die historisch-mythologische Einbettung.

Trotzdem: Auch den nächsten Band werde ich mir wieder kaufen. In einem im März auf YouTube veröffentlichten Video-Interview sagen Canales / Pellejero, dass sie die Arbeit an einem neuen Band schon begonnen haben. Gute Nachrichten!

William Shakespeare - Richard III. (Theater Heidelberg)

(17.03.2016) Regie Elias Perrig; der Text von Shakespeare in der Übersetzung von Thomas Brasch.

Ein beeindruckendes Bühnenbild: Ein von drei Seiten von riesigen rostigen Metallplatten umgebener großer Raum - die Welt, schwärzlich, häßlich, freudlos. Keine Pflanzen, keine Architektur, nichts, ein trostloser Weltraum. Darin die Bühne, der Menschenraum, auf der sich alles abspielt, ein schräg nach vorne geneigter Boxring - passend, denn was man zu sehen bekommt ist ein einziger Kampf aller gegen alle. Es geht um Macht, manchmal auch um Sex. Liebe gibt es nicht.

Richard III, Bühnenbilf
Skizze des Bühnenbilds aus dem Gedächtnis. Die Treppe zum "Boxring" geht auf der Rückseite hoch.

Richard III erinnert (zufällig?) an "Aguirre, den Zorn Gottes" aus Werner Herzogs phantastischem Film. Richard III, ein Unsympath ohnegleichen, der skrupellos über Leichen geht. Andreas Seifert hat nach seiner erfolgreichen Rolle als der "Geizige" in Molières Stück noch eins draufgesetzt und gibt den absoluten Bühnen-Kotzbrocken. Mir kommt aber seine Interpretation von Richard III, der mit Gewalt, Intrigen und Schmeicheleien seine Ziele erreicht, zu einseitig vor: Das Schmeicheln, das taktische Süßholzraspeln nimmt man diesem Typ nicht ab, etwas weniger grimmig wäre mehr gewesen. Toll die beiden Königinnen (Katharina Quast als Königin Elisabeth und Nicole Averkamp als Königin Margaret), die haben Pfeffer im Arsch und agieren mit Feuer und Leidenschaft. Man möchte sie nicht in der Nachbarschaft haben, aber für die Bühne sind sie top. Beeindruckend auch die 90-jährige Elke Twiesselmann als Herzogin von York.

Das Spiel geht so seinen Gang, viele Namen, viele Gestalten, allerlei Verwandschaftsverhältnisse - man muss sich aber nicht die Mühe geben, das ganze Gelichter im Kopf zusammenzusortieren, das Stück wirkt auf einer anderen Ebene.

Die Musik betont das Ungute, unterstreicht die bedrohliche Atmosphäre dieser Welt. Eine basslastige elektronische Musik, manchmal laut, manchmal (während der Redebeiträge) leise, aber tief: ein sehr tiefer, oft schnell und monoton blubbernder Bass, wie der Herzschlag eines Elefanten mit dem Puls einer aufgregten Maus - toll.

Das Stück endet, nachdem Richmond als Sieger aus der Schlacht gegen Richard III hervorgeht, aber der ganze Habitus des blutverschmierten Richmond, sein verächtliches Rumschleifen des abgehackten Arms Richards, zeigt, dass eine Hoffnung auf bessere Zeiten verfrüht ist. Das ganze Königsgesocks, das ganze Adelsgesindel ist nur eine Versammlung von Verbrechern und Mördern.

Eine gelungene Inszenierung!

Neues Ölbild, aktueller Stand

(15.03.2016) Heute das "Zigeunermädchen" weiter ausgearbeitet. Das nächste Mal wird das "deutsche Mädchen" dran sein, welches etwas räumlicher und kontrastreicher werden muss.

wip
work in progress, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Marcus Herrenberger - "Jahrhundert einer Ratte"

(13.03.2016) Dies ist der 104 Seiten starke Sammelband, der die beiden Teile "Zwischen Lenin, Jazz & Harry Lime" sowie "Von Casablanca nach Kyoto" vereinigt. In über 700 Bildern, die meist Minigeschichten bilden, erlebt eine Ratte den Zeitraum von 1917 (der Russischen Revolution) bis 2008 (eine Ruhephase in Kyoto) und ist quais Zeuge der wichtigen Ereignisse des zwanzigsten Jahrhunderts. Neben den großen Ereignissen der Weltgeschichte gibt es aber auch immer die priaten Schicksale, seien es künstlerische Errungenschaften, seien es Liebesgeschichten, Kriegsverletzungen, Krankheiten und so weiter. Immer wieder schließt sich die Ratte, die gegen Ende auch einen Namen bekommt ("Epikur"), für kürzere oder längere Zeit an Menschen an, am längsten ist sie bei Picasso.

Herrenberger Jahrhundert einer Ratte

Mir hat die Zusammenstellung und die Form sehr gut gefallen. Das Buch habe ich vor einigen Jahren gekauft und zweimal hintereinander weg intensiv gelesen und angeschaut. An diesem Wochenende habe ich wiederum zwei Lektüren gemacht - und immer neues, immer neue Zusammenhänge und immer neue Details gefunden. Besonders interessant finde ich immer die Atelierbilder, sei es bei Picasso, Giacometti oder bei anderen. Zwei Beispiele finden sich auch oben auf dem Buchtitel.

Marcus Herrenberger (geboren 1955) ist Buchillustrator, Autor und Comic-Zeichner, und ist seit 1990 Dozent an der Fachhochschule Münster. Seine Homepage ist einen Besuch wert. Sicherlich ist es ein sehr guter, für seine Studenten aber sicher auch sehr anstregender Dozent. Liest man sich die Aufgaben seiner Kurse durch, dann muss man schon schlucken: Da gehen schon einige Stunden Arbeit am Tag drauf. Sein Ziel ist, seine Studenten dazu zu bringen, dass sie früh im Markt Fuß fassen, deswegen ist der gemeinsame Besuch von Messen, bei denen man Kontakt mit Verlagen aufnehmen kann, Pflicht.

Auch die Tipps und Lebensweisheiten, die sich zwischen den Zeilen der Aufgaben finden, sind pure Erfahrungsweisheiten, die nicht nur für Illustratoren, sondern für alle Kreativen ihre Gültigkeit haben. Ein paar Zitate daraus - aus dem Zusammenhang gerissen, aber egal:

Scribbeln und skizzieren Sie sich selbst und 2-3 ihrer Kommilitonen(...) Eher 20-30 Skizzen für jede Person als eine hübsch ausgearbeitete und doch schlechte Zeichnung. [Webseite Marcus Herrenberg]

Eine typische Aufgabe:

Na, was haben Sie denn dabei? Zeigen Sie und doch mal den Inhalt Ihres Gepäckstückes. Was steckt in Ihrem Necessaire? Zeichenzeug? Eine kleine Kamera oder eine komplette Filmausrüstung. Ein Schlafsack? Bärchenpantoffeln? Ihren Lieblingsschlafanzug mit dem Herzchen-Muster? Ein Prinzessinnenkleid samt Diadem? Lederhoschen, krachende? Wir sind fürchterlich neugierig (eine der positivsten Charakterzüge von Illustratoren) und wollen es wissen. Es darf Ihnen zur Not ein klein wenig peinlich sein. Das müssen Sie schon aushalten. [Webseite Marcus Herrnberg]

Eine weitere Aufgabe (mit Hintergrund - warum das alles?):

Character-Design 1, die Protagonisten #1, reale Personen Zeichnen Sie in ungezählten Skizzen sich selber, bis Sie sich ähnlich erwischen. Achten Sie dabei auf ihre Augen, auf den Lichtreflex, der diese lebendig macht. Zeichnen sie möglichst linear, vermeiden sie Schraffuren und Schattierungen. Zeichnen Sie viel, immer wieder neu, anstatt sich mit hohen Ansprüchen an einer Zeichnung zu verbeissen. Machen Sie Fehler! Hemmungslos. Stilisieren und vereinfachen die Porträts. Sehen Sie sich an, dann zeichnen Sie sich aus dem Kopf. Blind, mit links, mit den Füßen. Vereinfachen Sie, sparen Sie sich unnötige Details. Zeichnen Sie sich nach Fotos, als Baby, als Kind. Zeichnen sie sich die Finger wund. Bis das Selbstbild wie von selber entsteht. Zeichnen sie 3 Ihrer Kommilitonen, bis Sie sie in ihrer Ähnlichkeit treffen.

1.250–3.000.000 Scribbles, Skizzen, Versuche, gescheiterte und gelungene Ansätze, schrecklich misslungene Skizzen, fürchterliche Selbstbilder, schiere Katastrophen, vollendete Bildnisse, schöne Nebensächlichkeiten... (...)

Intention:

Es geht darum, dass Sie sich angewöhnen, durch das viel machen OHNE DEN GROSSEN ANSPRUCH, der Sie nur blockiert, allmählich zu guten Ergebnissen zu kommen und die Angst vor dem Scheitern zu verlieren. Es geht weiterhin darum, Sie zu desillusionieren in Ihrer Hoffnung, es gäbe irgendwelche Regeln, mit denen man es besser machen könnte ausser der einen, es immer wieder zu versuchen. Und es geht um Ähnlichkeit, sich und andere in ihrem Charakter so zu treffen, dass die Zeichnung ähnliche Emotion auslöst wie das Vorbild: Charakter-Design. [Webseite Marcus Herrenberg]

Was braucht man dazu als Arbeitsmittel?

Arbeitsmittel: Fineliner, Marker, Bleistift, Buntstift, Zeichenfedern, ggf. Aquarell, Marker zum Kolorieren, 2 Kannen Tee respektive 6 Tassen Kaffee, Brand- und Wundsalbe, Gummibärchen und Tempotaschentücher für Tränen der Verzweiflung zwischendurch... [Webseite Marcus Herrenberg]

Man sollte nach der Lektüre von "Jahrhundert einer Ratte" also durchaus auch die Webseite von Marcus Herrenberger durchwühlen.

Motomaro Shirao, Charles A. Wood - The Kaguya Lunar Atlas

(12.03.2016) Die japanische Mondsonde Kaguya startete am 14.09.2007, erreichte planmäßig am 04.10.2007 ihre erste Umlaufbahn um den Mond und schließlich am 18.10.2007 die endgültige Umlaufbahn in einer Höhe von 100 km über der Mondoberfläche. Am 21.12.2007 begannen dann die wissenschaftlichen Beobachtungen, die am 20.06.2009 mit dem geplanten Crash auf dem Mond endeten.

Kaguya Atlas

Der "Kaguya Lunar Atlas" beschreibt knapp die Mission und gibt einen Überblick über die Geologie des Mondes und seine Entstehung. Insgesmt hat er 173 Seiten, der Hauptteil besteht aus 100 ganzseitigen Atlasblättern, die alle gleich aufgebaut sind.

Kaguya Atlas, Beispielseite

Den Großteil der Seite macht eine detailreiche Aufnahme aus. In einer Ecke ist die Hemisphäre des Mondes abgebildet, auf der sich der Ausschnitt befindet, der auf dieser Übersichtsaufnahme auch samt Blickrichtung markiert ist, und ergänzt wird die Abbildung von einer knappen aber konzisen Beschreibung der wesentlichen Details der Aufnahme mit den vermutlichen Prozessen, die zu dem Aussehen geführt haben. Hier ein Beispiel, die Plate 31 mit dem Mare Frigoris.

Die Druckqualität ist sehr hoch, ohne Vergrößerungsglas entgehen einem viele Details. Auf der oben abgebildeten Plate 31 findet sich am Horizont der Krater Plato. Hier zwei Ausschnittsvergrößerungen (der erste Ausschnitt ist oben markiert):

Kaguya Atlas

Kaguya Atlas

Das Besondere an den Abbildungen ist, dass sie die Mondoberfläche in einem schrägen Betrachtungswinkel zeigen - man hat den Eindruck, aus dem Fenster eines Raumschiffs zu schauen. Im Vergleich zu den üblichen Aufnahmen "von oben" ist dieser Betrachtungswinkel deutlich ästhetischer und - wie ich finde - auch aussagekräftiger für die Beurteilung der verschiedenen Oberflächenformen. Selten ist mir der Unterschied zwischen normalen Einschlagskratern und gleichgroßen Sekundärkratern so deutlich geworden wie auf diesen Aufnahmen. Auch wenn die Mondlandschaften wirlklich nicht schön zu nennen sind (es sind eigentlich trostlose Stein- und Lavawüsten): interessant sind sie allemal, vor alle wenn man sich klar macht, dass eben diese Prozesse auch auf der Erde vorkommen, dort aber schnell wegerodieren.

Für jeden am Mond Interessierten ist dieser Atlas eine sinnvolle Anschaffung. Ich jedenfalls blättere gerne darin.

Präsentation von Laura Dekker in Stockholm

(06.03.2016) Präsentationen von Laura Dekker habe ich schon einige als Video gesehen, viele Variationen gibt es da leider nicht (und so richtig perfektioniert hat sie ihre Präsentationstechnik leider immer noch nicht), aber immerhin sind manchmal einige neue Informationen dabei.

Diesmal beispielsweise, also bei der International Boat Show am 5.3.16 in Stockholm, gestand sie erstmals deutlich, noch nicht genau zu wissen, was sie eigentlich mit ihrem Leben machen soll. Mit der Lebensmaxime "follow your dream" kommt man eben spätestens dann an eine Grenze, wenn man den Traum mit 16 schon in die Realität umgesetzt hat. Tja, und was dann?

Sie ergänzte noch, dass sie gerne wieder ein größeres Segelprojekt machen würde, aber mit einem größeren und stabileren Boot als mit "Guppy". Im Zusammenhang mit ihrer Präsentation in Stockholm gab es noch ein Interview für das Fernsehen, in dem sie noch deutlicher wurde: Sie möchte mit ihrem Mann in kältere Gegenden fahren, Chile, Patagonien und die Antarktis nannte sie dabei explizit.

Das klingt nach einer Antarktis-Umsegelung, denn sicherlich wird sie von Neuseeland aus Richtung Westen aufbrechen, Australien und Tasmanien ansteuern, wieder um das Kap der Guten Hoffnung, dann vielleicht die Falkland-Inseln und endlich um Kap Hoorn (eine Pflichtaufgabe), dann nach Patagonien und Chile, wo gegenwärtig immer noch die Seglerfamile lebt, die sie auf Neuseeland kennenlernte (und bei denen sie auch Babysitter machte). Ich meine Anasazi Racing (James Burwick, Somira Sao und ihre drei kleinen Kinder) - ein auf der Hand liegendes Rollenmodell für Laura Dekker und ihren Mann.

Jedenfalls eine spannende Vorstellung, ich drücke die Daumen zum Unternehmen. Es wäre mal schön, wenn nicht nur hoch-gesponserte Profi-Abenteurer wie Arved Fuchs sich in diesen Gegenden herumtreiben und dort auch als Graubärte noch mit einem moralischen Deckmäntelchen (Hinweis auf Umweltverschmutzung, Hinweis auf gefährdete Tierarten) ihre Bubenträume verwirklichen. Bahn frei für die Mädchenträume von heute!

The Story of Beat-Club 1968-1970

(05.03.2016) Angefangen, chronologisch die zweite 8-DVD-Box mit den legendären Beat-Club-Sendungen durchzuschauen. Der erste Eindruck ist etwas ernüchternd: Das hat einem einmal gefallen? Nicht einmal mit viel Nostalgie konnte ich 80% der ersten zweieinhalb Sendungen genießen, selten habe ich so oft den schnellen Vorlauf gebraucht. Von den ersten zweieinhalb Sendungen dieser Zusammenstellung konnte ich nur The Who mit "Magic Bus" gut finden und - mit Einschränkungen - den "Summertime Blues" mit Blue Cheer (deren damaliger Drummer Paul Whaley zehn Jahre später in einer Punkband seinen idealen Platz gefunden hätte). Rührend - aber immerhin doch gekonnt - die GoGo-Girls...

Neues Ölbild, aktueller Stand

(01.03.2016) Im Studium (Kunstgeschichte) hatte ich in meinem Spezialgebiet (Neunzehntes Jahrhundert, Romantik) immer mal wieder mit dem Thema "Italia und Germania" oder "Sulamith und Maria" zu tun. Es lag nahe, die beiden Mädchen auch unterschiedlich zu charakterisieren, wobei mir eine Gegenüberstellung "Zigeunermädchen" und "deutsches Mädchen" weit besser ins Konzept passt. Hauptarbeit im heutigen Maltermin war also die vorläufige Ausarbeitung des linken Mädchens als "Zigeunermädchen". Nächstes Mal werde ich an die endgültige Ausarbeitung dieses Mädchens gehen.

wip
work in progress, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Canales / Guarnido: "Blacksad Bd. 5: Amarillo"

(28.02.2016) Zum zweiten und dritten Mal gelesen, der Funke springt aber einfach nicht über. Das Artwork ist sehr gut, wenn auch nicht so spektakulär wie in den früheren Bänden der Reihe: Kein Panel reizt dazu, längere Zeit darin mit dem Vergrößerungsglas spazierenzugehen. Besonders im zweiten Band "Arctic Nation" gab es davon einige.

Blacksad, Amarillo
Blacksad, Amarillo

Die letzten Blacksad-Bände hatten immer wieder Bezüge zu Künstler-Milieus, hier schliesst sich "Amarillo" nahtlos an. Hauptfigur (außer Blacksad natürlich) ist Chad, ein Beatnik-Schriftsteller. Die Geschichte kommt so richtig ins Rollen, als Chad seinen Freund Abraham (einen Dichter) im Affekt totschiesst, nachdem der ihm lachend erzählt, dass er Chads Manuskript, an dem dieser zwei Jahre gearbeitet hat, an die Adresse des Dalai Lamas gesendet hat. Neben den Schriftstellern spielt noch das Zirkusmilieu eine tragende Rolle, wird aber eher oberflächlich behandelt.

Wie bei den anderen Bänden der Reihe gibt es viele Querverweise, und man muss intensiv lesen. Aber nicht alle Details der Geschichte sind motiviert.

Das sind nur einige der inhaltlichen Mängel. Aber man soll nicht zu kleinlich sein. Die Blacksad-Reihe bewegt sich auf allerhöchstem Comic-Niveau, da kann auch mal ein Band dabei sein, der "nur" mit "gut" bewertet wird.

Feuerball (Bolide) am 25.02.2016, 11h31 MEZ

(25.02.2016) Während einer Besprechung im Büro in Wiesloch (Baden) zufällig nach Westen aus dem Fenster geschaut und einen sehr hellen Boliden (Feuerball, fireball, sehr heller Meteor) gesehen. Die Blickrichtung war fast genau nach Westen (ca 3 Grad nach Süden), die Flugbahn war steil nach unten (ca 2 Grad Richtung Norden), die Länge der Flugbahn, die ich verfolgen konnte) ca 8 Grad, die scheinbare Höhe über dem Horizont ab der ich ihn nicht mehr sehen konnte ca 3 oder 4 Grad. Der Kollege neben mir sah den Boliden auch und teilte meine Begeisterung.

Die Helligkeit ist schwer zu schätzen. Der Bolide war auffallend und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich, ich schätze etwas heller als der Vollmond, wenn seine Helligkeit in einen Punkt konzentriert wäre, also ca -12 oder -13.

Eine bestimmte Farbe gab es nicht, im schnellem Wechsel immer mal wieder rosa, hellblau, auch etwas grünlich, und natürlich weiß,

Wie man auf der Seite der American Meteor Society zum Ereignis sehen kann, gibt es mehr als 330 gemeldete Sichtungen, so dass die Erscheinung geographisch gut eingekreist ist. Demnach geschah das ganze über Frankreich, in der Gegend um Autry (ca 40 km östlich von Reims), in einer Entfernung von ca 280 Kilometern vom Beobachtungsort Wiesloch.

Eine spannende Beobachtung, und mein erster Tageshimmel-Bolide überhaupt.

Louis-Ferdinand Céline "Reise ans Ende der Nacht"

(21.02.2016) Begonnen habe ich die parallele Lektüre der beiden deutschen Übersetzungen und des französischen Originals schon im letzten September. Mit einigen Unterbrechungen habe ich bis heute gebraucht, um fertig zu werden.

Oscar Wilde hat gesagt:

"Es gibt weder moralische noch unmoralische Bücher. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben, sonst nichts."

Man kann von Céline und seiner Moral halten, was man will: Sein Buch ist nicht nur gut, es ist phantastisch gut geschrieben, es ist eines der fünfzig besten Bücher, die ich je gelesen habe (von über tausend).

Wie unter dem 06.09.2015 geschrieben wollte ich die alte Übersetzung, die ich vermutlich Ende der achtziger Jahre gelesen habe, mit der neuen Übersetzung von 2003 durch Hinrich Schmidt-Henkel vergleichen, gleichzeitig das französische Original zu Rate ziehen, und dann natürlich die wunderbaren Illustrationen von Jacques Tardi dieser französischen Ausgabe immer im Blick haben. Deswegen habe ich immer mit drei Büchern hantiert, was am Schreibtisch nicht unbedingt ein Problem war, aber lästig wurde, wenn man auf der Couch lesen wollte.

Celine, Bücher
Meine drei Ausgaben der "Reise ans Ende der Nacht"

Ich habe natürlich endlos viele Kritiken der neuen Übersetzung gelesen, allesamt lobend bis begeistert. Die alte Übersetzung durch Isak Grünberg kam dabei immer furchtbar schlecht weg, von Auslassungen, Verfälschungen usw war die Rede. Den größten Teil meiner Lektüre über konnte ich diese harsche Gegenüberstellung nicht nachvollziehen. Die neue Übersetzung ist flüssiger, ausgearbeiteter, moderner - aber von Auslassungen konnte ich bei der parallelen Lektüre nichts feststellen. Bis ich auf der Seite 570 der neuen Übersetzung war, bei einer tollen Passage (Baryton, der Leiter der Psychiatrie, bekommt - ja was? einen Burn Out? einen nihilistischen Stupor? egal). Eine Passage, die so eindrucksvoll ist, dass ich sie mehrfach gelesen habe. Hier ist sie:

"Baryton wirkte auf mich, als wäre er immer stärker von der perfiden Grübelsucht ergriffen. Als wir an jene besonders unbarmherzige Stelle kamen, wo Monmouth, der Thronprätendent, an den unwirtlichen Ufern des Kent von Bord geht... In dem Augenblick, wo sein Abenteuer ins Leere geht... Wo der Thronprätendent Monmouth nicht mehr so recht weiß, wo der Thron ist und was er mit ihm will, was er tun möchte. Was er hier zu suchen hat... Da, wo er denkt, dass er gern weg möchte, aber nicht mehr weiß, wohin noch wie er wegkommen soll... Als die Niederlage vor ihm aufragt... Im fahlen Morgenlicht... Als das Meer seine letzten Schiffe fortträgt... Als Monmouth zum ersten Mal zu denken anfängt... Auch Baryton selbst war zu winzig geworden und war mit seinen eigenen Entscheidungen überfordert... Er las die Passage immer wieder und murmelte sie vor sich hin. Betrübt schloß er das Buch und setzte sich zu uns." [S.570]

Céline / Bardamu weist auf die Bedeutung dieser Geschichte, dieser Szene selber noch hin:

"In Monmouths Geschichte steht die ganze klägliche Lachhaftigkeit unserer kindischen, tragischen Natur da und lässt sozusagen angesichts der Ewigkeit die Hosen runter." [S.570]

Wahnsinn! Gespannt nehme ich die alte Übersetzung: - und da ist nichts! Diese Passage fehlt! Und ab da, aber wirklich erst ab da, gibt es plötzlich in der alten Übersetzung Absätze, die fehlen, oder stark abgekürzt sind, und dadurch manchmal auch sinnentstellt oder -entleert sind. Schade!

Es hat keinen Sinn, in einigen Sätzen die "Reise" zusammenzufassen. Die Lektüre ist ein Erlebnis, spannend, lustig, erschreckend, auch zarte Sachen finden sich, und immer mal wieder Passagen, die von tiefstem Mitgefühl mit gequälten Tieren bestimmt sind.

Ein Buch, welches man gelesen haben sollte!

Hans Reffert am 21.2.2016 gestorben

(21.2.2016) Zu meinen schönsten Live-Musik-Erinnerungen gehört ein Auftritt des Gitarristen Hans Reffert mit Band im damaligen Jazzclub der Galerie Graf in Heidelberg, das muss um die "Jahrtausendwende" gewesen sein. Ich saß ganz vorne, gerade einmal drei Meter von Hans Reffert weg, süffelte gemütlich an meinem Rotwein (nicht aus dem Becher sondern aus einem schönen Rotweinglas - der Auftritt war schließlich in einer Galerie!) und konnte natürlich sowohl das Fingerspiel als auch die Körpersprache aus nächster Nähe miterleben. Die Musik war toll, und Hans Reffert erlebte ich als einen virtuosen Vollblutmusiker. Natürlich ist Hans Reffert auch als Gitarrist von Guru Guru bekannt, aber bei diesen Auftritten ist man weiter weg. Auch bei Theaterinszenierungen in Heidelberg war Hans Reffert immer mal wieder präsent, z.B. bei dem Stück über Bob Dylan. Von seinen CDs habe ich nur "Can White Boys Sing The Blues" - die ich allerdings nur sehr selten auflege, aber heute einmal wieder aus gegebenen Anlaß. Reffert hat hier als gelernter Graphiker übrigens auch das Artwork gemacht.

Hans reffert
Hans Reffert 2007 (Quelle: Wikipedia, GNU free)

Jetzt ist Hans Reffert gerade einmal 69-jährig gestorben. Mitten in neuen Projekten. Fast schon schockierend.

Neues Ölbild, aktueller Stand

(16.02.2016) Jetzt sieht das Bild etwas anders aus! Absolut vermeiden wollte ich eine platte politische Anklage oder ähnliches. Der Traumcharakter muss gewahrt bleiben. Dafür finde ich die beiden Mädchen ganz gut geeignet.

wip
work in progress, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Neues Ölbild, aktueller Stand

(02.02.2016) Im Oktober habe ich mit einem neuen Bild begonnen, allerdings wohl erst 7 oder 8 Stunden daran gearbeitet - es wird sich also noch einiges tun. Ein Motiv des Bildes (u.a.) ist die "Bloßstellung", und nackter als nackt ist man beispielsweise mit kurzen Hemdchen in der Öffentlichkeit - eine typische Traumsituation (oder auch nicht).

wip
work in progress, 2016, Öl auf Hartfaser, 80cm x 60cm

Raphael Treza - "Cobra-Gypsies"

(30.01.2016) Es gehört eine ganze Menge Mumm dazu, sich freiwillig für drei Monate einem ganz fremden sozialen und kulturellen Milieu auszusetzen. Ohne die Fähigkeit, für einen längeren Zeitraum die eigene Komfortzone verlassen zu können, geht da gar nichts.

Kalbelia-Gypsies

Der Filmemacher Raphael Treza hat das gemacht, ist zu den nordindischen Kalbelias (dass bedeutet in etwa "Schlangenflüsterer"), auch als Cobra-Gypsies bekannt, gereist, und herausgekommen ist die rund einstündige Film-Dokumentation "COBRA-Gypsies", von der man nicht loskommt. Die hageren, selbstbewussten, humorvollen Leute sind in ihrer Art, ihr schwieriges Leben zu meistern, zu bewunderrn. Viel Unterstützung haben sie nicht, als Händler mit Schlangengift, als Köhler, mit Handarbeiten, mit Kesselflicken wird man in Indien sicher auch nicht reich. In langen Passagen wird die Kobrajagd gezeigt, bei der immer wieder auch andere teils hochgiftige Tiere gefunden werden. Lange ruhige Einstellungen zeigen die ausdrucksvollen Gesichter älterer Leute, die wachen Gesichter jüngerer Leute, bildschöne Frauen, und so weiter. Wenn es ums Feiern geht, dann geht teilweise höllisch der Punk ab, auf ihre Art machen die Jugendlichen da eine Art Breakdance, dass einem Hören und Sehen vergeht. Schön die Alltagshighlights: Bringt einer ein Bienennest mit Honig an, geniest das der ganze Stamm. Bekannt sind die Tänze der Frauen: Die Aufführungen dieser Tänze machen inzwischen den Großteil des Einkommens der Kalbelias aus, da durch den Wildlife Protection Act von 1972 das Geschäft mit Schlangengift stark zurückgegangen ist,

Kalbelia

Wie nicht anders zu erwarten ist eine Heirat etwas ganz besonderes und eine Veranstaltung für einen halben Landstrich.

Die unterlegte Musik ist teils von Raphael Treza, teils Original, teils ein Mix aus beiden. Tolle Sachen sind darunter.

Ein wunderschöner Film, auf YouTube in guter Qualität und in voller Länge zu sehen.

Mohini Dey

(17.01.2016) Auf Mohini Dey zu stoßen ist wieder so einer dieser Zufallsfunde, die plötzlich alle Prioritäten durcheinanderwirbeln und alles andere beiseite wischen. Ich hatte mehrere Themen, zu denen ich recherchierte, aber plötzlich war da in der YouTube-Ergebnisliste die junge hübsche indische Bassistin Mohini Dey, die so schnell und sauber und ausdrucksstark einen 5-String-Bass spielen kann, dass man aus dem Sich-wundern nicht mehr herauskommt. Wer schon mit 3 Jahren aus eigenem Bedürfnis anfängt, Bass zu lernen, für den wird das Bass-Spiel wohl zur zweiten Muttersprache. Zu ihren großen Vorbildern gehört Jaco Pastorius, aber ob der bei ihren jetztigen Qualitäten eigentlich noch ein Vorbild sein kann - ich weiß es nicht. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass man überhaupt so schnell den E-Bass spielen kann. Ihre Bass-Lines zu notieren ist unmöglich - da stecken zu viele Noten in jedem Zeitabschnitt. Ihre Liebe gehört immer noch der Funk- und der Fusion-Musik, allmählich erweitert um Bollywood und klassische indische Musik. Seit Jahren schon steht sie neben den Auftritten mit eigenen Bands auch mit weltbekannten Jazzern auf der Bühne. Und dabei wird sie dieses Jahr erst 20. Ich habe mir einige Videos auf das Tablet abgespeichert, obwohl ich nicht so auf Funk und Fusion stehe, aber diese Frau ist zu gut. Man wird von ihr sicherlich noch hören - ich auf jeden Fall, ich bleibe dran.

Hansrudi Wäscher am 7.1.2016 gestorben

(07.01.2016) Man musste damit rechnen, aber wenn es dann so weit ist, dann tut es einem doch etwas weh: Hansrudi Wäscher ist heute am 7.1.2016 im Alter von 87 Jahren gestorben. Für viele meiner Generation gehörten Comics (genauer: die Piccolos) trotz aller Kritik von Lehrern und des kulturellen Establishments zum Alltag, vor dem Siegeszug des Fernsehens gab es ja auch wenig Alternativen. Auch wenn man sich damals nicht drum scherte, wo diese Hefte herkamen, wer die eigentlich machte - irgendwann trat auch Hansrudi Wäscher aus der Anonymität (genauer: er wurde aus der Anonymität gezerrt) und wurde bei seinen erwachsen gewordenen Lesern zu einer schönen Erinnerung an die Kindheit - und die ursprünglich spottbilligen Heftchen zum hochpreisigen Sammlerobjekt.

Es ist schön, dass Wäscher spät, aber immerhin doch noch zu Lebzeiten Anerkennung für sein Lebenswerk erfuhr, Preise bekam, auch akademisches Interesse findet.

Als Reaktion auf die Nachricht habe ich von meinen Lieblingsserien Sigurd, Falk, Nick und Tibor jeweils die ersten 100 Piccolo-Titelbilder im Internet zusammengesammelt (allein diese Titelbilder sind schon ein beachtliches Oeuvre, wenn auch hauptsächlich unter dem Blickwinkel der Quantität).

Ende 2012 habe ich den dicken Wälzer "Allmächtiger" über Hansrudi Wäscher geschenkt bekommen: Diesen mehrere Kilo schweren Band nehme ich tatsächlich immer mal wieder zur Hand. Bei der Lektüre damals war es nett zu sehen, wie ein eher auf Edelcomics geeichter Autor (Andreas C. Knigge) doch auch eine gewisse Liebe zu Wäscher entwickelte. Im "Journal 2013" findet man meine Kurzbesprechung des Titels.

Abbey Lincoln

(01.01.2016) Ich kenne Abbey Lincoln aus ihrer Zusammenarbeit mit Max Roach (hier ganz besonders das beeindruckende "Triptych: Prayer/Protest/Peace" vom Album "We Insist!") und von gängigen Standards wie "Strange Fruit" und anderen. Heute hatte ich Lust, ihre meist wunderschöne Stimme wieder einmal zu hören und habe auf YouTube nach Titeln recherchiert. Es braucht nicht lange, ein Dutzend ausgesprochen schöner Songs zu finden und sich abzuspeichern. Meine Favoriten: Die bis jetzt beste Interpretation von Mongo Santamarias "Afro Blue", die ich kenne, und das so so schöne wie traurige "Don't explain". Die Aufnahmen liegen in einer Qualität vor, die erstaunlich ist, wenn man berücksichtigt, dass viele schon Ende der fünfziger Jahre entstanden. Nicht zu vergessen: Abbey Lincoln war eine ausgesprochene Schönheit, es wäre schade, auf eine Bildersuche zu verzichten.

Abbey Lincoln
Abbey Lincoln


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