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Filmkritik: "Ein mutiger Weg" von Michael Winterbottom

"Ein mutiger Weg" von Michael Winterbottom, USA, 2007, 96 min, Romanvorlage "A Mighty Heat" von Mariane Pearl

Hauptrollen: Angelina Jolie

Es ist gerade furchtbar heiß in Pakistan, wo sich während des Afghanistankrieges viele Tausende Journalisten aus aller Welt aufhalten, wir befinden uns weit weg von den USA, wo es im Januar natürlich nie drückend heiß sein kann.

Die tragische Entführung und Ermordung von Daniel Pearl, einem "Wallstreet-Journal" Journalisten in Pakistan nimmt ihren Lauf. Er hat noch einen Ehrenkodex und würde niemals beruflich Unwahrheiten verbreiten. In einer Mischung von dem Willen, einen "guten Job zu machen" und enormer Naivität, lässt er sich durch ein fingiertes Interview ködern. Er gerät in die Fänge derjenigen islamistischen Kreise, die den USA "auch einmal" einen Denkzettel verpassen wollen. Eigentlich ist von vorne herein klar, dass die Bush-Regierung wegen einem Menschenleben wohl nicht ihre Guantanamo-Gefangenen besser behandeln wird. Diese Forderung steht im Raum, während sich die Wohnung der indischen Journalistin, bei der die Pearls leben und arbeiten, immer mehr füllt: Techniker, CIA, pakistanische Polizei, Sicherheitsdienste, Botschaftsangehörige verschiedener Nationen...Auch per Email kommt der Terror ins Haus, der Rechner spuckt die Forderungen der Entführer aus, der Drucker zeigt den netten Journalisten und werdenden Familienvater in Handschellen, aber noch mit einem kleinen, tröstlichen Lächeln für seine Gattin, die im 5. Monat schwanger ist. Ein Monat zwischen Hoffen und Bangen beginnt.

Im Februar, wenn gläubige Moslems in Pakistan ein Tier opfern, um an die Gottesfurcht ihrer Altvorderen zu erinnern, da ist leider auch das "Menschenopfer" offenbar nicht zu verhindern. Auch im Alten Testament, als Gott zwar anfänglich von Abraham forderte, seinen Sohn Isaak zu töten, um dessen Gottesfurcht zu testen, kam es nicht zum Äußersten: gerade als Abraham das Messer ansetzte, wurde Isaak wie durch ein Wunder durch einen Bock ersetzt. Im vorliegenden Fall setzten die Entführer schließlich auch das Messer an, von keinem Gott daran gehindert. Das entsetzliche Geschehen wurde auf ein Video aufgenommen, das bei Pearls angereisten Kollegen im Hotel in Karatschi abgegeben wurde. Sie waren die ersten, welche die Dokumentation dieses politischen Mordes sehen mussten, erwartet haben sie wohl weitere Bilder von einem weiterhin gefangengehaltenen Danny.

Ich fand den Film sehr aufwühlend, hatte Mitleid mit der jungen Frau, die oft um ihrer Fassung ringen musste, aber sich vor ihrem kleinen buddhistischen Hausaltar offenbar die Kraft zum Weitermachen holte. Auch durch gutes Essen wird versucht, das Beste aus der verfahrenen Situation zu machen; hier leuchtet noch ein kleines Stück "heiler Welt" auf. Mariane muß sich oft ausruhen, dann flackern auch wieder die Erinnerungen an die schöne Zeit mit Danny auf, ihre Hochzeit nach jüdischem Ritus, die Freude auf das Ungeborene, die gemeinsame Freude an der gewissenhaften journalistischen Arbeit. Nach Dannys Tod weiß sie sich auch gegen dreistes, rücksichtsloses Verhalten eines Berufskollegen zu wehren, der "den Fall" wohl nur für die Einschaltquote seines Senders ausschlachten will: in einem Interview wird sie tatsächlich gefragt, ob sie sich das Entführer-Video mit der Ermordung ihres Mannes schon angesehen habe, und das noch in einem Ton, als ob es sich um die neuesten Sportnachrichten handele.

Die Jagd auf die Entführer und deren Komplicen beginnt, es wird geschossen, gefoltert, respektvoll gefragt, je nach dem Status und dem Grad der Kooperationsbereitschaft der Verdächtigen. Die offiziellen Pakistanis lehnen die Terroranschläge gegen die USA ab, haben nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York 2001 zugesichert, mit den USA zu paktieren. Um so schlimmer, dass jetzt auf ihrem Boden ein US-Journalist, der auch noch Jude ist, zum Sündenbock herhalten muss. Möglicherweise hat sich die jüdische Abstammung von D. Pearl eben besonders gut geeignet, um ihn in Teilen der pakistanischen Presse als "Mossad-Agenten" zu diffamieren.

Atemberaubend sind die Straßenszenen, welche die Millionenstadt Karatschi zeigen, in der es eine fast unermessliche Zahl von Menschen gibt. Hier wird der Verschwundene wie eine Nadel im Heuhaufen gesucht. Verkehrsgewimmel, Doppeldeckerbusse voller Ornamente, die sich darin schwerfällig wie Elefanten bewegen. Männliche Fußgänger in weißen Gewändern, die Frauen sind in der Öffentlichkeit in Gruppen und tragen hellblaue Ganzkörperverhüllung; hier ist niemand lange allein. Im Haus, wo der Entführte wohnt, geht das Gewimmel weiter; der US-Botschaftsangehörige, der schon vor dem Auftauchen des schrecklichen Entführer-Videos einen schwarzem Anzug trägt, gibt mir zu denken, ob er nicht durch den Geheimdienst eher vom Tod Dannys erfahren hat, als offiziell verlautbarte. Das letzte Entführerultimatum, eine Erfüllung der Forderungen binnen 24 Stunden war allerdings auch schon fast verstrichen; vielleicht war er ja nur um "korrekte Kleidung" bemüht, falls es zur schlechtesten aller denkbaren Entwicklungen im Entführungsfall käme? Ich werde es sicherlich nie erfahren.

Der Film weckte bei mir das Interesse, auch das Buch von Mariane Pearl zu lesen, das dem Film zu Grunde liegt.

 


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Gestaltet von Elke Konstandin-Hassforther. Letzte Änderung: 31.12.2007
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