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Besprechung der Ausstellung im "Handschuh" 1996

Quelle: "Heidelberger Rundschau", gez. "BH"

Stillleben im Handschuh

Man mag es belächeln, daß man heutzutage in Restaurants, beim Brillenkauf, in der Bank u.s.w. mit Kunstausstellungen konfrontiert ist, unstreitig müssen aber Bildende Künstler (und solche, die sich dafür halten) jede Gelegenheit nutzen, ihre Werke vor ein Publikum zu bringen. Wenn der Berg nicht zum Propheten kommt, muß der Prophet zum Berg kommen, und ein Publikum, das quae Reizüberflutung nicht mehr zum Künstler kommt, muß eben dort gestellt werden, wo es sich aus anderen Gründen sammelt.

Aber als potentieller Kunstbetrachter sollte man sich freuen: wieviel Aktion im Vorfeld fordert nicht ein Besuch in einer ambitionierten Galerie ab (Information, Anfahrt, Garderobe etc.), nur um dann zu merken, daß man selber auch nicht mehr als die fünf Sekunden durchschnittlicher Rezeptionszeit pro Bild aufbringen kann oder will, die ein rühriger Kunsthistoriker diesen Vorgang beobachtend notierte. Genießen wir also die neue Bequemlichkeit beim Ausstellungsbesuch.

Noch bis zum 9. März hat man Gelegenheit, eine Ausstellung im Handschuhsheimer Restaurant "Zum Handschuh" zu bewundern (Dossenheimer Landstraße 98, Besuchszeiten sind die üblichen Ladenschlußzeiten). Die Künstlerin, Elke Konstandin, ist im Kurpfälzer Ausstellungsrummel keine Unbekannte mehr, meist kann man mehrere Ausstellungen pro Jahr bewundern. Bewiesen die ersten Ausstellungen, daß sie ihren Cezanne und die sogenannte Klassische Moderne kennt und mehrere Bildbände im Regal stehen hat, sind inzwischen eigene Wege unübersehbar. Die 41-jährige Künstlerin versteht sich als hauptberufliche Malerin: das nötige Rüstzeug wurde über Privatunterricht und zahllosen Kursbesuchen angeeignet, inzwischen ist sie auf der Mannheimer Freien Kunstschule, und man darf für die Zukunft etwas erwarten.

Ausgestellt werden Stilleben, aber wie weit entfernt inzwischen von Cezanne und Konsorten! Oft wird knapp ein Quadratmeter mit roh gemalten Objekten gefüllt, mit pastosen Pinselstrich haptische Reize provozierend, und dennoch: zum Berühren lädt das nicht ein. Die Welt ist dem stillen Stilleben inzwischen abgeneigt, Lieblosigkeit herrscht im Umgang mit dem Ding. Die "zwölf Apostel" in der Vitrine gibt es nicht mehr, heute muß ein achtlos hingeworfener Ball vor einem Fernsehgerät als Bildvorwurf genügen. Oder riesige Stielgläser, aus Langeweile in einer Geschenkboutique gekauft, funktionslos, das Schicksal vorherbestimmt: man sieht es den dargestellten Gläsern an, daß sie nach einigen Monaten in der Mülltonne landen werden, wahrscheinlich sogar in der falschen. Elke Konstandin ist es gelungen, Dargestelltes und Darstellungstechnik sich gegenseitig befruchten zu lassen. Und doch: es finden sich auch eher lyrisch gestimmte Stilleben, bei denen von den pastos aufgetragenen blassen Farben ein anheimelnder Zauber ausgeht und man dankbar ist, daß die Künstlerin mehrere Umgangsformen mit dem Gegenstand kennt und zeigt, daß jede Zeit ihre Ästhetik und ihre Zartheiten hat. Manche zeigen's halt etwas anders.

 


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Gestaltet von Elke Konstandin-Hassforther. Letzte Änderung: 30.04.2006
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