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Filmkritik: "Chanson d'amour" bzw. "Quand j'était chanteur"

"Chanson d'amour" bzw. "Quand j'était chanteur" OmU, Frankreich 2006, 112 min; Regisseur: Xavier Giannoli

gesehen am 2.5.07 im Gloria-Kino, Hauptstraße 146, 69117 Heidelberg

Mit Gérard Depardieu und Cécile de France - ersterer der sehr bekannte französischer Darsteller, der den Sänger spielt und die hübsche, mir bislang nicht bekannte Schauspielerin mit dem gewissen Etwas, der ihr Bubikopf extrem gut steht. Gut eingefangen ist von Anfang an dieses ganz spezielle Showbuisness, am Rande des Kitsches, mit Liedern voller Sentimentalität (gerade die nimmt der Sänger Alain sehr ernst). Es sind Veranstaltungen, wo ältere Damen und Herren siich sehr chic gemacht haben und sich flott überīs Parkett bewegen. Die am Rande sitzenden Damen ohne Partner sind hoch erfreut, wenn sie zum Tanz aufgefordert werden. Alles ist sehr bürgerlich und ordentlich, jedenfalls dem Schein nach. Wir befinden uns in Clérmont-Ferrrand, in der französischen Provinz. Bei einem dieser Tanztees treffen sich Alain und die Maklerin Marion zum ersten Mal. Und ich bin der Überzeugung, daß sich Alain der Sänger sofort in dieses außergewöhnliche Gesicht verliebt hat. Von nun an sucht er ihre Nähe und schreckt dabei vor (fast) nichts zurück. Alain singt zwar nicht das Lied "Chanson d`amour", wohl aber den Song "Pour un flirt avec toi...". Dieses Lied schwebt dann quasi wie ein Hammer über den Protagonisten.

Nur zu gern würde ich jetzt zu der Floskel "leichte französische Sommerkomödie" greifen, aber so lustig gehts eben gar nicht zu. Man kann nur mit verhaltenem Humor registrieren, wie die gemeinsamen Hausbesichtigungen zwischen Marion und Alain (er möchte vielleicht nicht in dem Haus alt werden, das er zusammen mit seiner Ex-Frau ausgesucht hat) manchmal fast den Charakter einer psychoanalytischen Sitzung annehmen: Marion liegt dann z. B. redend auf einen Bett in einer offenbar noch nicht leer geräumten Wohnung, Alain alias Gérard D. sitzt daneben und hört zu.

Oh, ich habe ganz vergessen zu erwähnen, daß die Schnulzen, die etwas väterlich-zuverlässige Ausstrahlung sowie die Order von Champagner und einer roten Rose an den Tisch für Marion dazu geführt haben, das Alain und sie morgens, einen Tag nach dem sie sich kennen gelernt haben, im gleichen Bett aufwachen. Für Alain gehört diese Après-Show-Betreuung für Damen irgendwie mit zur Vorstellung. Er macht sich auch Gedanken über dieses Phänomen: natürlich möchten die Damen ihren Partner eifersüchtig machen... das Schäferstündchen wertet sie als Person und vor allem als nicht mehr ganz taufrische Frau natürlich immens auf.

Der fleißige Alain hat sich nicht nur ein idyllisch gelegenes Häuschen, sondern auch noch eine, zusammen mit Exfrau und deren neuem Freund betriebene Kneipe zusammengesungen. Hier werden die Kundenkontakte gepflegt und seine Exfrau und jetzige Mangerin handelt die Vertragsbestimmungen aus. Dazu gehört auch, daß er nicht vor mehr als etwa 300 Leuten singen möchte. Auch Alain kennt Ängste, z. B. als er eine krächzende Stimme bekommt, auf ärztlichen Rat hin mehrere Wochen mit dem Singen aussetzen muß oder auch, daß er als Sänger gar nicht mehr ankommt, weil jetzt alle auf Karaoke stehen. Den Schmerz hat aber vor allem die niedliche Praktikantin Marion gepachtet, getrennt von ihrem kleinen Kind, das sie in der Obhut von Freunden zurücklassen muß. Sie selbst lebt seit der Scheidung in einem Hotelzimmer. Obwohl sie nun diese Stelle von einem ehemaligen Mitstudenten (er ist ebenfalls ein guter Freund von Alain) bekommen hat und er sehr mit ihren Leistungen zufrieden ist, packt sie am Feierabend der Kummer.

Wenn Alain nicht singt, versucht er zu schlafen, was ihm oft nur mit Medikamenten gelingt. Sehr drollig sind auch die Szenen, wenn Alain durch die ziemlich chaotische Wohnung wandert und ihm seine Ziege wie ein Hund überall hin folgt. Auch ein Pferd gehört zu der ländlichen Idylle. Er ist einsam in diesen Stunden vor dem Auftritt, aber er braucht auch diese Abgeschiedenheit, um sich wieder seinem Publikum widmen zu können. Sowohl Alain als auch Marion wollen oder müssen ihr Leben ändern. Marion bleibt eher kühl, abwartend, neutral. Alain tarnt seine Annäherungsversuche mehr oder weniger geschickt als neutrale Begegnungen zwischen Hausinteressenten (es soll ein modernes Haus sein) und Maklerin. Marion macht sich etwas über seinen Erfolg bei Frauen lustig und bezeichnet ihn als "Frauenheld" (ladiesīman) oder ist es bereits aufkeimende Eifersucht? Sie macht ihn wiederum ebenfalls eifersüchtig, indem sie mit ihrem ehemaligen copain und jetzigen Chef engumschlungen einen "Slow" (Blues) tanzt, den Alain für das Paar spielen muß. Sie tanzt als einzige barfuß, wohl um den kleinwüchsigen Chef nicht zu überragen. Nach diesem Tanz verschwinden sie und Alain kann sich denken, daß sie in Marions Hotelzimmer landen.

Alain und Marion kommen nicht von einander los. Und das ist nicht nur so, weil sich Alain immer noch nicht für ein neues Domizil entscheiden kann. Viele Cafébesuche später, als Alain bei einem Treffen nicht erscheint, fährt sie zu seinem Haus und kümmert sich um ihn. Auch einen kleiner Ausflug zu einem im Grünen gelegenen Krater haben sie bereits unternommen. Der Krater spielt, wie Alain ihr erzählt, bei gewissen Sekten eine Rolle. Er kommt hierher, weil die Luft gut ist ("Man kann hier durchatmen") und er seinen Lungen eine kleine Ruhepause gönnt, bevor sie wieder in der rauchigen Luft der Tanzsäle mit Rauch etc. gefüllt werden.

Nun kommt, was lange abzusehen war, auch seine Exfrau, nicht frei von Eifersucht auf Marion, möchte ihren neuen Lebensgefährten heiraten - Alain nimmt es mal wieder mit Gleichmut hin. Alain beschließt, ganz entgegen seiner sonstigen Gepflogenheiten, vor Tausenden von Leuten aufzutreten, wieder mit seiner Band, der er schon lange die Treue hält, er verläßt jedoch den Konzertsaal durch die Hintertür und trifft sich wieder mit Marion, die ihn ebenfalls vor großem Publikum singen hören wollte. Sie hat plötzlich einen viel weicheren Gesichtsausdruck, sie erzählt ihm von ihren Plänen, ihren Sohn jetzt selbst aufzuziehen (offenbar hat sie in der Zwischenzeit einiges mit ihrem Expartner geregelt), aber nicht in der Gegend...der Film endet in einer vielversprechenden Umarmung vor dem Café.... Happy End.

 


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Gestaltet von Elke Konstandin-Hassforther. Letzte Änderung: 31.12.2007
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