Aus der Sektion "Halb- und Unregelmäßige", 3-1999

Neues von den Alten (Programmsternen)

RZ UMa: Im letzten Bericht wurden die "altgeliebten" Programmsterne des ehemaligen AKV erwähnt. Von vielen dieser Sterne lassen sich trotz des vorhandenen Materials kaum Lichtkurven erstellen, da die Amplituden zu gering sind. Am ehesten gelingt es noch bei Sternen, die von einem einzelnen Beobachter häufig und regelmäßig geschätzt werden, etwa bei RZ UMa.

Lichtkurve von RZ UMa

RZ UMa nach Beobachtungen von Frank Vohla (von Nov. 1997 bis heute)

RZ UMa hat laut dem GCVS eine Periode von 115 Tagen bei einer Amplitude von 9,7 bis 11,9 im Blauen. Wie zu erwarten ist er im Visuellen erheblich heller bei allerdings auch niedrigerer Amplitude. Im abgebildeten Beobachtungszeitraum scheinen sowohl Periode als auch Amplitude abzunehmen, ein Phänomen, welches sich häufig bei Halbregelmäßigen Sternen findet - sicher wird sich dieser Trend bei RZ UMa wieder umkehren. Nach vorhandenen Langzeitbeobachtungen (leider nicht von BAV-Beobachtern) kann das Lichtwechselverhalten zu anderen Zeiten vollkommen anders sein, zum Beispiel die doppelte Periode haben oder eine Folge von Haupt- und Nebenmaxima bringen.

S Aql: Im vorigen BAV-Rundbrief wurde ein Aufsatz von Mattei et. al. über "The Classification of Red Variables" erwähnt, in dem auch die Neuklassifikation einiger altbekannter Sterne vorgeschlagen wurde, u.a. die von S Aql. Dieser gehört zum Altprogramm der BAV und wird von den beiden fleißigsten Beobachtern der Sektion SR, von Eckard Born und Frank Vohla gut verfolgt. Da die Neuklassifizierung mit dem Lichtwechselverhalten begründet wird, bietet sich eine Nachprüfung mit dem BAV-Material an. Die stark schwankende Amplitude, die teils geringer als 1 mag ist, läßt aber wenig Zweifel an einer Klassifikation von S Aql als SR-Stern. Die im GCVS genannte Periode von 146,45 Tagen wird durch die Beobachtungen in etwa bestätigt.

Lichtkurve von S Aql

S Aql nach Beobachtungen von Eckard Born (1997 / 98)

Weitere alte Programmsterne: zu fast allen Programmsternen (Liste im BAV Rundbrief 1/99, 37) sind aktuelle Lichtkurvenblätter eingetroffen, so daß der Status sehr zufriedenstellend ist. Ausnahmen sind nur RR CrB, EU Del und g Her. Zwar sind auch hier Beobachtungen vorhanden, aber teils ist die Amplitude so gering, daß die Auswertungen wenig überzeugend ausfallen, teils sind schlicht zuwenige Schätzungen in die Lichtkurvenblätter eingegangen. Es gibt auch Beobachter, die für diese Problemfälle zwar Lichtkurvenblätter einsenden, aber auf eine Ermittlung von Maxima und Minima verzichten - manchmal die sinnvollste Lösung. Diese drei Sterne sind schlicht an der Grenze des visuell machbaren.

Projekt RV-Tauri-Sterne

Auch für die neuen Programmsterne ist viel Material eingetroffen. Folgende Sterne werden gut beobachtet: R Sct, U Mon, AC Her, R Sge, V Vul, CE Vir, SS Gem, TT Oph, RV Tau und V453 Oph. DZ UMa, EP Lyr, V360 Cyg, TW Cam, DY Aql und SZ Mon sind in Beobachtungsprogrammen vorhanden aber noch nicht ausgewertet bzw neu aufgenommen.

CE Vir gilt als ein unsicherer Kandidat bei den RV-Tau-Sternen. Es ist also eines der BAV-Projektziele, mit neuen Beobachtungen die Klassifizierung zu überprüfen. Inzwischen liegt das erste Material vor: zur Hauptsache eine dichte visuelle Beobachtungsreihe von Eckard Born für 1998 und 1999 sowie eine Auswertung aller brauchbaren Stardial-CCD-Aufnahmen von 1997 bis 1999 durch mich. Daneben gibt es kürzere visuelle Reihen von Michael Dahm und mir sowie weitere sporadische Beobachtungen. Zunächst die Lichtkurven:

CE Vir

CE Vir

CE Vir

CE Vir 1997 bis 1999 nach Beobachtungen von Born und Stardial / Hassforther

Die visuellen Beobachtungen von Eckhard Born sind fast alle mit einem C90 gewonnen worden, ausnahmsweise auch mit Feldstechern. Vor der Qualität der Beobachtungen kann man nur den Hut ziehen! Vorbildlich ist auch die Dichte der Schätzungen: nur so ist die Klärung eines unbekannten Lichtwechsels möglich.

Die Stardial-Werte sind mit der Software MIRA AP 5.0 an den FITS-Versionen ermittelt worden, dabei wurden alle brauchbaren Bilder bearbeitet. Die angegebene Helligkeit sollte man nicht zu ernst nehmen: ermittelt wurde die Differenzhelligkeit zu einem unveränderlichen Nachbarstern und dann ein plausibler Wert dazuaddiert. Man kann von Stardial-Aufnahmen nicht die Genauigkeit erwarten, die man sonst mit CCD-Kameras verbindet, einigen Tests zufolge kann man von einem durchschnittlichen Fehler von 0,05 bis 0,07 mag ausgehen.

Stardial arbeitet automatisch, beginnt also die Beobachtungssaison, wenn das Beobachtungsfeld morgens den Meridian erreicht. Kaum ein Beobachter will sich regelmäßig die frühen Morgenstunden rauben lassen, deswegen ist Stardial in der ersten Phase der Beobachtungssaison nahezu konkurrenlos. Andererseits macht es die feste Ausrichtung nach Süden nicht möglich, am Ende der Beobachtungssaison abends am Westhimmel zu fotografieren - hier ist wiederum der menschliche Beobachter im Vorteil. Aus diesen Gegebenheiten erklärt sich die Verschiebung des Beobachtungsschwerpunktes.

Was fällt nun an den Lichtkurven auf? Betrachtet man zunächst die visuellen Kurven von Herrn Born, könnte man mit gutem Gewissen nur "RV-Tau-ähnlich" sagen, und auch nur für die Saison 1998 (und auch nur auf dem ersten Blick, s.u.). Dagegen sieht die Kurve 1999 aus wie der Lichtwechsel eines ganz normalen Halbregelmäßigen.

Die drei Stardial-Reihen zeigen jedes Jahr einen anderen Lichtwechsel: am ehesten könnte man noch 1999 von "RV-Tau-ähnlich" sprechen. Ins Auge fallend ist die geringere Amplitude im von Stardial abgedeckten Farbbereich (nahes Infrarot), auffallend auch das zeitlich frühere Auftreten der Maxima bzw Minima im Vergleich zu visuellen Beobachtungen.

Zunächst etwas rätselhaft ist der Lichtwechsel 1998: während die visuelle Kurve bei 50900 ein deutliches Minimum zeigt, steigt die I-Helligkeit gleichzeitig ohne erkennbare Absenkung gleichmäßig an. Die Parallelbeobachtungen von Michael Dahm zeigen das Minimum auch nicht, was liegt also vor? Als gewissenhafter Beobachter hat Herr Born bei seinen Beobachtungen notiert, mit welchem Instrument sie gewonnen wurden, und siehe da: die fraglichen vier Werte sind nicht mit dem C90 in Deutschland sondern mit einem 10x70 Bino auf Fuertevetura erzielt und deswegen als unsicher markiert worden. Ein schönes Beispiel also für den Einfluß des Beobachtungsinstruments und für mögliche Fehlerquellen. Und leider kein RV-Tau-artiger Lichtwechsel im Jahr 1998.

Es ist noch zu früh, CE Vir den RV-Tau-Typ abzusprechen, zeigt er doch spektral einige Verwandschaft zu dieser Sterngruppe (vgl. Michael Dahm in SuW 5/1999,474). Ab Januar kann er wieder beobachtet werden: denn mal los...

CT Ori: bei CE Vir hat es sich gezeigt, daß es für einen Gegencheck sinnvoll ist, mindestens zwei dicht besetzte Beobachtungsreihen für einen Zeitraum verfügbar zu haben. In der kommenden Wintersichtbarkeit möchte ich möglichst viele Schätzungen von CT Ori gewinnen und suche noch mindestens einen Mitstreiter. CT Ori steht im GCVS mit den auffallend genauen Angaben 9,14 bis 12,39 (v) und der Periode 135,52 Tage. Ein guter Bekannter möchte man meinen. Nur scheint das nicht zu stimmen: Daniel Horovitz hat in einer Beobachtungskampagne von Januar 1985 bis Mai 1986 diesen Stern intensiv beobachtet und ist zu ganz anderen Ergebnissen gekommen (AAVSO-Journal 15,2): danach variiert der Stern zwischen 10,0 und 11,2 mit einer Periode von 33 oder 66 Tagen (je nachdem, ob man RV-Tau mit Doppelmaximum annimmt oder nicht). Und 66 Tage sind noch nicht mal die Hälfte von 135,52 Tagen! Der Fall ist noch immer offen und harrt einer Klärung...

Nachtrag 2.12.2001: Erste Ergebnisse zu CT Ori sind im BAV-Rundbrief 4/2001 zu finden.


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 06.12.2001
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