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Bildauswertung mit IRIS, Teil 2: Photometrie

Die Beobachtung Veränderlicher Sterne mit Digitalkameras kann beliebig kompliziert betrieben werden. Dieses Tutorial versucht, auch absoluten Anfängern die ersten Schritte zu erleichtern. Um nicht von vorneherein unnötige (finanzielle) Hürden aufzubauen, werden die Beispiele mit der freien Software IRIS durchgeführt. Die Dokumentation der Messungen und die notwendigen Berechnungen werden mit einer Tabellenkalkulation durchgeführt. Grundsätzlich beschreibe ich hier meine eigenen Erfahrungen - andere machen's anders und haben auch recht.

Ausgangsmaterial

Im Sommer und Herbst 2008 habe ich an 34 Tagen mit einer einfachen Canon IXUS 70 (Digitalkamera) rund 200 Aufnahmen des Sternbildes Adler gemacht, um den Lichtwechsel des Cepheiden Eta Aquilae zu studieren. An jedem Abend wurden unmittelbar hintereinander 5 - 7 Aufnahmen gewonnen, die dann zu einer einzigen Aufnahme kombiniert wurden (das Verfahren ist im vorhergehenden Tutorial beschrieben). Ob die Aufnahmen erst kombiniert werden oder ob alle einzeln ausgemessen werden, ist erstmal egal, beides hat Vor- und Nachteile, für das folgende Tutorial ist die Wahl der Methode gleichgültig.

Absicht ist also, die vorliegenden 34 Aufnahmen mit dem Ziel auszuwerten, eine Lichtkurve von Eta Aquilae abzuleiten. Mit IRIS sollen einige Umgebungssterne sowie der Veränderliche gemessen werden, in einer Tabellenkalkulation werden die Messungen erfasst und im Anschluss die notwendigen Berechnungen und Visualisierungen durchgeführt.

Schritt 1) Laden der Aufnahme

Wie im vorhergehenden Tutorial beschrieben wird in IRIS ein Arbeitsverzeichnis festgelegt. Hier legt man sinnigerweise die auszuwertenden Bilder ab.

Wie im Menüpunkt "File" unter "Load..." in der Liste der unterstützten Dateiformate zu sehen, können in IRIS ohne Umwege Aufnahmen direkt im jpeg-Format geöffnet und vermessen werden.

Schritt 2) Photometrieeinstellungen

Nach dem Laden des ersten Bilde wählt man im Menüpunkt "Analysis" den Punkt "Aperture photometry...":

Bei den zu wählenden Einstellungen (die solange gültig bleiben, bis das Programm wieder velassen wird) sollte ausgehend vom eigenen Bildmaterial etwas experimentiert werden. Für Aufnahmen mit der Canon Ixus 70 haben sich bei mir die im folgenden Screenshot gezeigten Einstellungen bewährt.

Mit der Wahl von "Circle number" = 3 wählt man eine Methode, bei der die Messblende aus drei konzentrischen Kreisen gebildet wird:

Im innersten Kreis (1) wird der Stern gemessen. Der anschliessende Ring (2) hat nur die Funktion, diesen Messkreis vom äusseren Ring (3) zu trennen, in dem die Hintergrundshelligkeit ermittelt wird. Diese wird nicht mit der Durchschnittshelligkeit der Pixel innerhalb dieses Ringes ermittelt, sondern mit dem "Median" der Pixelintensitäten (wie als Voreinstellung schon ausgewählt). Dadurch stört es nur sehr wenig, wenn ein nahe stehender Stern sich in diesem Kreis befindet.

Die Wahl der Radien sollte von den Aufnahmen abhängig gemacht werden: Für die IXUS verwende ich ausschließlich die Radien 10, 14 und 22. Ist man unsicher, was man wählen soll, dann schaut man sich einen sehr hellen Stern auf der Aufnahme an und stellt den innersten Kreis so ein, dass der sehr helle Stern vollständig in den Kreis passt. Die anderen Radien passt man dann entsprechend an.

Eine "Magnitude constant" müsste im Prinzip nicht angegeben werden, denn es werden ja die Helligkeiten des Veränderlichen und der Vergleichssterne untereinanden verglichen. Ich trage immer +10 ein, um diese instrumentelle Helligkeit immer im positiven Bereich zu haben und nicht ständig negative Zahlen aufschreiben zu müssen.

Mit "OK" wird bestätigt.

Schritt 3) Wahl der zu messenden Sterne

Ohne diesen Schritt zum jetzigen Zeitpunkt zu begründen entscheiden wir uns dafür, ausser dem Veränderlichen noch drei Sterne um ihn herum zu messen. Diese sind im nächsten Screenshot markiert.

Der Hauptstern vom Sternbild Adler (Altair) ist hier nur zur leichteren Orientierung markiert. In der Mitte steht der Veränderliche Eta Aql. Die drei gut aussenrum verteilten Sterne Beta, Theta und Iota Aql dienen als Vergleichssterne. Bei jeder Messung von Eta Aql müssen auch diese drei Vergleichssterne mitgemessen werden.

Schritt 4) Dokumentation der Messungen

Wenn 34 Aufnahmen gemessen werden, müssen wir den Überblick behalten. Wir müssen die Aufnahme benennen, das Datum erfassen, das Julianische Datum errechnen, und vier Spalten für das Erfassen der gemessenen Helligkeiten vorsehen. Auch ohne den Aufwand zu übertreiben ist es sinnvoll, auch eine Angabe zur Qualität der Aufnahme mit zu erfassen.

Für die Auswertung meiner Aufnahmen hat sich folgende Aufteilung bewährt. Zunächst der linke Teil der Spalten, in dem Daten zur Aufnahme und zum Datum erfasst werden:

In die erste Spalte A wird der Name der zu vermessenden Aufnahme eingetragen. Ich vergebe die Dateinamen nach der Konvention Kurzbezeichnung (hier "aql"), Datum (jjjjmmtt), Zeit (MEZ), Anzahl der kombinierten Aufnahmen (n7 bedeutet, dass 7 Aufnahmen addiert worden sind).
Spalte B vergibt eine Schulnote für die Qualität der Aufnahme (natürlich im Rahmen des überhaupt mit der vorliegenden Kamera möglichen). Mit Kleinbuchstaben kann auf längere Anmerkungen an anderer Stelle verwiesen werden.
Spalte C, D und E erfassen das Datum und die Uhrzeit, und zwar in Weltzeit (auch UT = Universal Time genannt, UT=MEZ-1h), was die Weiterverarbeitung erleichtert. Wie zu sehen ist die Konvention bei der Dateinamensvergabe MEZ, bei der Erfassung der Zeit dann UT, das ist unglücklich. Wahrscheinlich werde ich nur noch in UT arbeiten und auch die interne Uhr der verwendeten Kameras auf Weltzeit stellen.

Die Spalte F wird von der Tabellenkalkulation berechnet, es ist der Tag des Monats und der von der Uhrzeit abhängige Tagesbruchteil. In Zeile 1 ist das Aufnahmedatum der 11.5.2008 um 0h13 Weltzeit. die 13 Minuten sind 0,009 eines Tages und werden zum Tag 11 addiert, macht 11,009.
Auch die Spalte G wird von der Tabellenkalkulation berechnet: Es ist das Julianische Datum, welches grundlegend für die Dokumentation von Veränderlichenbeobachtungen ist. Wie in einer Vorlage von Gary Poyner, die ich etwas abgewandelt habe, lasse ich im allgemeinen nur vier Stellen ausgeben; im hellblauen Feld über den JD-Daten wird angegeben, was für das vollständige Julianische Datum noch zu addieren wäre. Wie zu sehen wären das unhandlich grosse Zahlen.

Schritt 5) Helligkeitsmessung

Ausser dem Veränderlichen sollen immer auch drei Vergleichssterne gemessen werden, in der Tabellenkalkulation werden also vier Spalten ergänzt, um für jede Aufnahme die Messungen aufzunehmen:

Die Überschrift besteht aus drei Zeilen: In der Mitte die Sternnamen, darunter die Kataloghelligkeit des Sterns (in V), darüber der Farbindex B-V, um einen Hinweis auf die Farbe des Vergleichssterns zu haben. Ein Vergleisstern ist demnach orange (beta aql), zwei sind bläulich-weiß (theta und iota aql).

Nun sind alle Vorbereitungen getroffen, und die Messungen können durchgeführt werden. Die erste Aufnahme ist geladen, das Photometriefenster wird geöffnet (-Analysis, -Aperture photometry) und nach den getroffenen Einstellungen mit OK bestätigt, dann erscheint die Messblende. Nacheinander werden die Sterne in der Messblende zentriert (leider gibt es noch keine "autocenter"-Funktion in IRIS) und der im "Output"-Fenster (welches sich nach dem ersten Klicken automatisch öffnet) ausgegebene Wert für die Helligkeit notiert. In der folgenden Abbildung ist die Messblende auf beta aql zentriert, und die ermittelte Helligkeit ist 0,417. Das ist der zu notierende Wert, der in der vorhergehendn Abbildung auch schon zu sehen war.

Wird auf theta aql zentriert und geklickt, dann wird der Wert 0,341 ausgegeben. Nochmal ein Screenshot. Auch dieser Wert ist in der Abbildung weiter oben schon eingetragen.

Und so geht das weiter. Sind alle vier Sterne gemessen, kommt die nächste Aufnahme dran, bis alles fertig ist. Zwischendurch sollten die erfassten Werte natürlich immer mal wieder abgespeichert werden, sonst ist im Ernstfall viel Arbeit umsonst gewesen. Ein Ausschnitt aus der Datei sieht dann so aus:

Die Spalten H und I werden erst etwas weiter unten erklärt. Zunächst schauen wir uns die gemessenen Werte in den Spalten J bis M an. Es fällt auf, dass sie sowohl vom Niveau her (innerhalb einer Zeile) als auch untereinander scheinbar wild schwanken. So ist beta aql mal mit 0,417 gemessen, weiter unten dagegen einmal mit 2,771. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bildet man das Mittel aller Differenzen von beta und theta, dann erhalten wir genau 0,150. Laut Katalogwert sollten das doch 3,71-3,23=0,48 sein. Das Mittel aller Differenzen von beta aql zu iota aql ist dagegen 0,776 und passt offenbar besser zu der Differenz der Katalogwerte von 4,36-3,71=0,65. Daran darf man sich nicht stören. Die Vergleichssterne sind, wie wir gesehen haben, farblich stark verschieden: Ein B-V von 0,855 für beta aql bedeutet, dass er in V die Helligkeit 3,71 und in B die Helligkeit 3,71+0,855=4,565 hat. Ein B-V von -0,066 für theta aql bedeutet, dass er in V die Helligkeit 3,23 und in B die Helligkeit 3,23+(-0,066)=3,164 hat. In V ist die Differenz von beta und theta aql also 0,48, in B ist die Differenz dagegen 1,401. Im roten Licht ist die Differenz der beiden Sterne dagegen nur noch etwa 0,1mag, und das zeigt uns, dass die IXUS offenbar etwas "orangesichtig" ist.

Für die Auswertung der Aufnahmen müssen wir das berücksichtigen: Wir können nicht einfach die Katalogwerte für die Vergleichssterne ansetzen, die in einem definierten Farbband (eben in V) gemessen worden sind, sondern müssen von der Farbempfindlichkeit der Kamera ausgehen.

 

 

 

Die freie Bildauswertungssoftware IRIS ist hier zu finden: http://www.astrosurf.com/buil/us/iris/iris.htm

 


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Autor: Béla Hassforther. Letzte Änderung: 05.02.2009
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