Regionaltagung Hartha 1998

Gruppenbild Hartha 1998
Gruppenbild Hartha 1998, Aufnahme: Kerstin Rätz
Am 17.5.98 fand wieder das traditionelle jährliche Treffen der Veränderlichenbeobachter in Hartha statt. Neunzehn Teilnehmer konnten die gewohnt familiäre Atmosphäre unter der Betreuung von Helmut Busch genießen und zwischen den Vorträgen, die sowohl für Anfänger wie für Fortgeschrittene etwas boten, nach Herzenslust fachsimpeln. Nach der Begrüßung durch Helmut Busch und Werner Braune wurden folgende Vorträge gehalten und diskutiert:

Andreas Viertel ließ sich durch einen Bericht in Sky & Telescope zu Beobachtungen des Bedeckungsveränderlichen RW Tau animieren. Einige launige Bemerkungen zu den Beobachtungsbedingungen brachten wieder ins Bewußtsein, dass Veränderlichenbeobachter oft gegen äußere Natur (Kälte etc) und innere Natur (Schweinehund, Kartenspiel, Faulheit) zu kämpfen haben. Andreas Viertel beobachtete den Stern quasi als Einzelkämpfer: weder holte er sich bei Problemen Rat bei der Sektionsleitung für Bedeckungsveränderliche, noch wurde über Franz Agerer die Lichtenknecker Datenbank zur Ermittlung des B-R-Verlaufs herangezogen. In der nachfolgenden Diskussion wies Werner Braune auf die Berechtigug auch dieses Vorgehens hin (sei es auch nur, um sich einmal die Zähne an einem Objekt auszubeißen). Immerhin erhielt Andreas Viertel schöne auswertbare Lichtkurven, und der Zeitpunkt seines Minimums bestätigt einen Trend bei der B-R-Entwicklung dieses Sterns.

Andrej Mey, der jüngste Vortragende, stellte dann mit AI Dra seinen ersten Bedeckungsveränderlichen vor. Immer wieder angefeuert durch Werner Braune und ermutigt durch einen Brief des Entdeckers der Veränderlichkeit von AI Dra blieb er am Ball und ermittelte nach einigen Anfangsschwierigkeiten seine ersten Minima. Eine anschließende Diskussion über Vergleichssternhelligkeiten fachte im Verlauf der Tagung immer wieder auf und bedarf einer eigenen Darstellung. Auch bei Andrejs Schilderungen konnte man zum Schluß kommen, daß durch Nutzung des Beratungsangebots der BAV manche Probleme sich vielleicht schneller gelöst hätten.

Tagungspause Werner Braune nahm eine Veröffentlichung von Jörg Neumann im Rundbrief 2/1998 über den Lichtwechsel des Röntgensterns V 725 Tau zum Anlaß, einige Anmerkungen über den Sinn von Beobachtungen zu machen, die ohne weitere unterstützende Literatur und ohne Parallelbeobachtungen erstellt werden. Als visuell arbeitender Beobachter ist man da relativ schnell im Abseits.

Ein kurzer Beitrag von Jörg Neumann selber stellte seine Erfahrungen und Probleme beim Erstellen von Umgebungskarten mit GUIDE vor. Da er anderweitig wenig beobachtete Sterne bearbeitet, ist er auf eigene Vorarbeit angewiesen. Zur Problematik von Umgebungskarten und Vergleichssternhelligkeiten siehe das bei Andrey Mey gesagte und demnächst einen ausführlicheren Aufsatz dazu. Zur Problematik dieser Beobachtungen überhaupt siehe das beim Vortrag von Werner Braune angemerkte.

Passend zum Vortrag von Jörg Neumann stellte Hartmut Goldhahn seine Beobachtungen an mehreren sogenannten Hipparcos- bzw Tycho-Veränderlichen vor. Auch er mußte sich zur Vorbereitung selber um Aufsuchkarten und Vergleichssternhelligkeiten kümmern, und auch er benutzt GUIDE. Zwei seiner sechs ausgesuchten Hipparcos-Veränderlichen stellten sich als für visuelle Beobachtungen geeignete Objekte mit deutlichem Lichtwechsel heraus. Über den Typ kann aber zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts gesagt werden.

Am Thema Hipparcos-Veränderlicher konnte Eyck Rudolph anknüpfen und eine Lichtkurve von V451 Cep anhand von photovisuellen Platten aus Sonneberg vorstellen. Tatsächlich handelt es sich bei diesem sehr roten Veränderlichen um einen schon von Michael Collins (BAA) bei dessen privater Veränderlichensuche gefundenen Stern, welcher auch im IRAS-Katalog verzeichnet ist. Der Stern hat nach Eyck einen leicht zu erkennenden Lichtwechsel mit ca. 400 Tagen Periode, wobei er seine Helligkeit von ca 10,3 bis 11,1 mag ändert (laut Hipp. Var. Annex). Dank seiner Nähe zu Delta Cephei ist er leicht zu finden, allerdings wegen einem Farbindex von B-V=+3 eher schwer zu schätzen.

Tagungspause Die Mittagspause im Hotel Saturn wurde wie zu erwarten außer zum Essen auch zu lebhaften Tischdiskussionen genutzt.

Fortgesetzt wurde mit einem Bericht von Andreas Krawietz über CCD-Beobachtungen einer Radebeuler Gruppe an RZ CVn und der Nova Cas 1995. Besonders bei RZ CVn lassen die genauen CCD-Werte Eigentümlichkeiten einer typischen RR-Lyr-Lichtkurve hervortreten, auf die Werner Braune noch einmal betont hinwies.

Zum längsten Vortrag des Tages über das BAV-Beobachtungsprogramm 2000 holte dann Helmut Busch weit aus und stellte anhand einer Darstellung des Problems der Apsidendrehung bei Bedeckungsveränderlichen die Kriterien seiner Sternauswahl vor. Zum Glück wurden Theorie und Formeln zum Leben erweckt anhand eines Rechenbeispiels mit konkreten Daten zu DR VUL. Es bleibt zu hoffen, daß dieser Beitrag auch im Rundbrief erscheint und weitere Beobachter zur Beobachtung der ausgewählten Sterne animiert. (Selbst-)Zweifel von Helmut Busch wegen der seiner Meinung nach geringen Resonanz auf seine Vorschläge konnte Werner Braune erfolgreich ausräumen.

Um dem Thema "Apsidendrehung" wieder den Charakter eines Reizworts zu nehmen, wurde zur wohlverdienten Kaffeepause übergegangen.

Gruppenbild Hartha 1998
Gruppenbild Hartha 1998, Aufnahme: Stefanie Rätz
Der letzte Vortrag des Tages wurde in herzerfrischend lebendiger Form und mit großartiger Gestik von Thomas Berthold vorgeführt. Das Thema "Neue Auswertung der Apsidendrehung bei AG Per" war zwar für einige etwas arg speziell, aber an der Form konnten sich alle erfreuen. Das Problem von Thomas Berthold war, wider seine Erwartung die Beobachtungen nicht mit Sinuswellen rechnerisch beschreiben zu können - es blieben immer Abweichungen übrig. Einem Hinweis von Franz Agerer folgend könnte aber mit den vorgestellten Methoden eine Element-Verbesserung durchgeführt werden, wonach vielleicht auch die Sinuswellen "besser passen".

Werner Braune und Helmut Busch beendeten dann die Tagung, worauf Kerstin Rätz auf den zweifelnden Satz von Helmut Busch, ob es auch nächstes Jahr wieder ein Treffen in Hartha geben wird, beschwörend ausrief:

"Auch nächstes Jahr muß wieder ein Treffen in Hartha sein, denn ein Jahr ohne Hartha ist kein Jahr."


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