Aus der Sektion "Halb- und Unregelmäßige", 1-2000

Neues von den alten Programmsternen

V Boo ist einer der bekanntesten Halbregelmäßigen - besonders interessant ist er deswegen, weil er sich innerhalb von nur hundert Jahren vom SRa-Stern mit großer Amplitude (bis zu 4 mag) zum SRb-Stern mit geringer Amplitude (ca 1 mag) entwickelt hat (vgl. Abb. 1).

BAA-Lichtkurve von V Boo

Abb. 1) V Boo, 13650 Beobachtungen der BAA von 1911 bis 1998

Die Lichtkurve der letzten paar Jahre bietet keine Überraschungen: die Periode von etwa 259 Tagen ist schon altbekannt, und die Form des Lichtwechsels mit der eigentümlichen Welle vor dem eigentlichen Maximum ist auch seit einigen Jahren stabil. Zwei Lichtkurven (Abb. 2) zweier Beobachter vom selben Zeitraum sollen den hohen Standard der visuellen Schätzungen dokumentieren: die Eigentümlichkeiten der Lichtkurve werden von beiden gut erfaßt. Zu V Boo liegt sehr viel BAV-Material vor, jede Auswahl ist etwas willkürlich.

V Boo Lichtkurvenvergleich

Abb. 2) Lichtwechsel von V Boo (1995-1999), Beobachter: Alfred Holbe und Frank Vohla

Projekt RV-Tauri-Sterne

V Vul: Seit 1994 gehört V Vul zum Beobachtungsprogramm von Eckhard Born. Der Ausschnitt aus zwei Beobachtungssaisons (Abb. 3) zeigt einen typischen RV-Tau-Lichtwechsel mit kleinen Eigentümlichkeiten: so können die Hauptminima unterschiedlich tief ausfallen und mehr oder weniger breit sein (besonders ausgeprägt 1999, vgl. Abb. 4). Die Höhe der Maxima scheint geringeren Schwankungen zu unterliegen. Im Allgemeinen ist das Nebenmaximum niedriger, wie es sich für einen RV-Tau-Stern gehört. Der kleinere Ausschnitt (Abb. 5) soll das Typische der Lichtkurve verdeutlichen. Auf die hohe Schätzfrequenz möchte ich ganz besonders hinweisen: nur so können Lichtkurveneigentümlichkeiten erfaßt werden. Daß zudem die Qualität der Schätzungen von Herrn Born außergewöhnlich gut ist ("photometrisches" Auge) soll hier auch angemerkt sein.

V Vul Lichtkurve

Abb. 3) Lichtkurve von V Vul (Mai 1997 bis Januar 1999), Beobachter: Eckhard Born

V Vul Lichtkurve V Vul Lichtkurve
Abb. 4) Lichtkurve 1999 (Born) Abb 5) Lichtkurve (typisch) von V Vul

Aus den sechzehn ableitbaren Hauptminima erhält man eine nur geringfügig längere Periode (ca 75,9 Tage) als im GCVS angegeben (75,7 Tage). Allerdings ist der Zeitraum für eine Periodenableitung noch etwas kurz. Dennoch hier die vorläufigen Elemente:

Hauptminimum = 2449675,95 + 75,894 x E

         E          B            R        B-R
         0        49680        49676        4
         3        49903        49904       -1
         4        49975        49980       -5
         8        50282        50283       -1
         9        50359        50359        0
        10        50436        50435        1
        13        50665        50663        2
        14        50738        50738        0
        15        50816        50814        2
        17        50965        50966       -1
        18        51042        51042        0
        19        51116        51118       -2
        20        51192        51194       -2
        22        51344        51346       -2
        23        51422        51422        0
        24        51501        51497        4

V Vul wird auch von Jörg Neumann beobachtet: von Mai 1992 bis Ende 1999 wurden 135 Schätzungen gewonnen, also etwa 17 Beobachtungen pro Saison. Für schöne Lichtkurven ist das etwas wenig, als Beispiel (Abb. 6) deswegen nur eine vergleichsweise dicht besetzte Reihe von August bis Dezember 1996. Ein Periodensuchprogramm liefert für das Neumann'sche Material eine Periode von 76,69 Tagen, in brauchbarer Übereinstimmung mit dem Wert aus den Beobachtungen von Herrn Born.

V Vul Lichtkurve

Abb 6) Lichtkurve von V Vul (J. Neumann)

V453 Oph diente in einem früheren Aufsatz schon als Beispiel für die Möglichkeiten von Stardial: Inzwischen habe ich alle verfügbaren Aufnahmen ausgewertet und den ersten Eindruck bestätigt gefunden. Demnach ist V453 Oph ein RV-Tau-Stern wie aus dem Bilderbuch mit einem ausgesprochen regelmäßigen Lichtwechsel. Die Periode des GCVS (81,3 Tage) wird von den Beobachtungen bestätigt, der regelmäßige Lichtwechsel ermöglicht es, alle Beobachtungen auf einen gemeinsamen Zeitraum zu reduzieren (Abb. 7).

reduzierte Lichtkurve von V453 Oph

Abb. 7) mit P = 81,3 d reduzierte Lichtkurve von V453 Oph. Stardial-Aufnahmen (1996-99)

Private Beobachtungsprogramme

Unabhängig von den BAV-Programmsternen hat wohl fast jeder Beobachter auch eigene Programme am Laufen. Schön wäre es, davon von ihnen selber zu erfahren. Doch durch den online-Zugriff auf Datenbanken kommt man diesen fleißigen Lieschen auch so auf die Spur.

My Cephei: Frank Vohla wurde schon mehrmals als Langzeitbeobachter erwähnt. Die folgende Lichtkurve zeigt knapp zwei Drittel seiner 835 vorliegenden Einzelschätzungen von My Cep ab August 1981. My Cep ist ein langsam veränderlicher Überriese vom Typ SRc, einer der absolut hellsten und größten bekannten roten Veränderlichen überhaupt. Das Lichtwechselverhalten des Sterns wurde schon oft untersucht, wobei als wichtige Grundlage für aktuellste Aufsätze immer noch eine visuelle Beobachtungsreihe von Plassmann dient, in der anglo-amerikanischen Literatur als "epic 55-year run of 5275 observations by the German visual observer Joseph Plassmann" bezeichnet. Frank Vohlas (bisher) 18-jährige Reihe ist aber auch schon ganz nett. Eine lesenswerte Auswertung von BAA-Beobachtungen (T.Brelstaff et al, J. Br. Astron. Assoc. 107, 3, 1997) der Jahre 1959 bis 1993 findet Hauptperioden von 850 und 4400 Tagen, wobei die "kürzere" Periode in Vohlas Material wiederzufinden ist. Diesem doch eher langsamen Lichtwechsel sind kürzere Schwankungen deutlich überlagert. My Cep ist ein schöner Veränderlicher für sehr beharrliche Beobachter. Von Vorteil ist, daß man mit dem bloßen Auge auskommt, also immer beobachten könnte, wenn es klar ist.

Lichtkurve von My Cep

Abb. 8) Lichtkurve von My Cep 1990 - 1999, Beobachter: Frank Vohla

U Del: zu Zeiten des AKV und vor seiner Arbeit mit einer CCD-Kamera hat Manfred Rätz auch Halbregelmäßige Sterne beobachtet. Seine Schätzungen an U Del illustrieren schön eine Arbeit von R.R.Thompson (JAAVSO Vol. 26, 1998, 119), der dem für visuelle Beobachter zu geringen Lichtwechsel mit einer Periode von ca. 110 Tagen (GCVS) einen überraschend deutlichen Lichtwechsel von ca 1100 Tagen überlagert fand. Diese langsame Schwankung ist zwar schon länger bekannt, wurde aber noch nie genau untersucht. Nach der Sichtung der verfügbaren Literatur, der Analyse von AAVSO-Archivdaten und einer Bearbeitung von Harvard-Archivplatten ab 1898 wurde deutlich, daß diese langsame Schwingung den Lichtwechsel der letzten 100 Jahre dominiert. Schade, daß Herr Rätz diesen hellen Stern nicht mehr beobachtet. Für U Del gibt es noch langjährige, bis in die Gegenwart reichende Beobachtungsreihen von Kerstin Rätz, F. Vohla, J. Neumann und H. Goldhahn.

Lichtkurve von U Del

Abb. 9) Lichtwechsel von U Del 1984 - 1996, Beobachter: Manfred Rätz


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