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Bettina Hagen: Antike in Wien. Die Akademie und der Klassizismus um 1800.

Verlag Philipp von Zabern. Mainz 2002

Lektürenotizen, Mitte Dezember 2004

 

Zur Autorin: Bettina Hagen hat 2001 über das Thema "Die Auseinandersetzung mit der Antike an der Wiener Akademie um 1800" promoviert und ist eine ausgewiesene Kennerin dieser Zeit.

Die Veröffentlichung steht im Zusammenhang mit einer Ausstellung vom 27.11.02-09.03.03

Frontispiz: Anton von Maron - Bildnis Johann Joachim Winckelmann, 1768
Das ist ein bekanntes Bildnis von Winckelmann. Aber - ein Griechenlandverehrer, der vor einer muffigen graubraunen Folie dargestellt ist? Was hat das mit Griechenland zu tun? Hat das imaginierte Griechenland keinen blauen Himmel?
Bis auf Gesicht und Hände sieht man nur Stoff - warum muß man Winckelmann zeigen, also ob er in einem ungeheizten Haus sitzt?
Rechts hinter ihm die Büste von (Homer?). Schemenhaft im graubraunen Hintergrund griechische Gestalten, wie Imaginationen eines in ein Braunkohlenrevier verschlagenen Winkelgelehrten.

Abb. 1 (ganzseitig): Josef Dorffmeister - Phidias an der Büste des Zeus meisselnd (1802).
Dieser Phidias ist erkennbar ein typisches Wiener Akademiemodell, in eine etwas artifizielle Haltung gezwungen, die ihm sichtlich nicht auf den Leib geschrieben ist. Links von ihm die Zeusbüste, starr am Künstler vorbeisehend, der eine Handbewegung wie eine Abwehr macht. Man ist versucht, an Fausts Zurückschrecken vor dem Erdgeist zu denken, wiewohl das natürlich später ist. Die Aura, die den Kopf des Zeus vor dem dunkelbraunen Hintergrund abhebt, erinnert an einen Lichtschein in einem rauchgeschwängerten Zimmer (der Eltern so eines Künstlers).

Zur Ausstellung

Klassizismus ursprünglich als Ausdruck einer revolutionären Gesinnung, als Antwort auf die "emotional überladenen, formauflösenden und farbenprächtigen Ausschweifungen des Barock und Rokoko."(S.11)

Die Hauptvertreter wurden an Akademien herangebildet und blieben ihnen zumeist ihr Leben lang verbunden.

Der Stil orientierte sich zur Gänze an Kunst und Literatur der Antike.

Die Zuwendung zu einem Stil, der "Klarheit, Nüchternheit und eine ideale Welt" propagierte, fand in Wien zur Zeit Josephs. II Unterstützung von höchster Stelle.

I. Die neue Sicht der Antike - ihre Übertragung auf Wiener Boden (S. 13ff)

Schönes Zitat:
"Rom war das Zentrum einer revolutionären Bewegung, die eine Erneuerung der Kunst versprach. Hier fanden sich die bedeutendsten Theoretiker, die jungen Künstler aus ganz Europa und die Bildungsreisenden ein, um in Gegenwart der Antiken sich selbst und nichts weniger als die gesamte Menschheit durch ihre schöpferischen Taten zu verbessern. Entscheidend ist, dass sich der Künstler zu einem Werkzeug der Verbreitung höherer Wahrheiten heranbildet, und die Antike ihm den edlen Stoff liefert, aus dem er Form und Inhalt für ein neues Werk gewinnt."(S.13)

Ein schönes Zitat, aber trifft es die Zustände? Lassen sich die Motive der Theoretiker, der "jungen Künstler", der Bildungsreisenden auf diesen Nenner bringen? Wieviel Flucht vor den kleinlichen Zuständen in Deutschland ist dabei, wieviel Angst vor den chaotischen Verhältnissen im revolutionären Frankreich? Wieviel Anteil hat die traditionelle "Grand Tour" am Aufenthalt der Bildungsreisenden in Rom, wieviel Renommiersucht speist diese Reisefreude?

Forschungen und Deutungen Winckelmanns, bes. "Gedanken über die Nachahmung der griechischen Wercke in der Mahlerey und Bildhauer-Kunst".

Anton Raphael Mengs: erster Künstler unter dem Eindruck von Winckelmanns Untersuchungen.(14)

Mengs: "Gedanken über die Schönheit und über den Geschmack in der Malerei".

1772 erste Entsendung von Stipendiaten von Wien nach Rom.

Füger gehörte 1776 neben Johann Lindner, Franz Anton Zauner und Gottlieb Nigelli zur zweiten Gruppe von Romstipendiaten der Akademie.(S.16)

Füger blieb bis 1783 in Rom, ab 1781 an Fresken in Caserta(S.17).

Angelika Kauffmann in Rom, beeinflußt sicherlich auch die Stipendiaten.(S.17)

Ab 1784 sind Jacques-Louis David und Jean Germain Drouais in Rom und beeinflussen die Stipendiaten.

Später ist Antonia Canova Anlaufstelle für die Stipendiaten.

In der Wiener Akademie wurde Wert darauf gelegt, dass die Schüler die antiken Autoren lasen. Dazu dienten auch Preisaufgaben mit antiken Themen.(S.18)

Auch an Wiener Theatern hielt die Antike ihren Einzug: Götter und Helden als Akteure, antikisierende Bühnendekoration.(S.18).

 

Einige Bilder

Cauzig, Franz - Porcia, glühende Kohlen verschluckend, 1784
Cauzig, Franz - Porcia, glühende Kohlen verschluckend, 1784

Krafft, Johann Peter - Franz Anton Zauner 1813   Krafft, Johann Peter - Franz Anton Zauner 1813
Krafft, Johann Peter - Franz Anton Zauner 1813

Füger, Selbstporträt 1808   Füger, Selbstporträt 1808
Füger, Selbstporträt 1808

Maurer, Hubert - Kopf des Belvedere-Apollo
Maurer, Hubert - Kopf des Belvedere-Apollo


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 27.05.2006
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