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Hans Brüggemann: "Der Ritter St.Jürgen im Kampf mit dem Drachen" (um 1523). Reiterstandbild, früher in der Marienkirche in Husum (heute im Nationalmuseum in Kopenhagen). Auf dieses Standbild muß sich der junge Josias retten, als er nachts allein in der Kirche eingesperrt ist, und der Hund des Küsters in die Kirche gelassen wird und ihn anfällt. Aus: "Theodor Storms Welt in Bildern. Eine Bildbiographie", Heide in Holstein 1987, S.147 |
In der Novelle klingen unterschiedliche Themen an: ein Hauptthema ist der Widerspruch zwischen dem als richtig erkannten irdischen Weg der beiden jungen Hauptpersonen Josias und Renate, und dem vom Vater des Josias geforderten kirchlichen Weg und dem Verzicht auf Renate, die Tochter des Hofbauern. Josias wird damit schuldig an zwei Leben: an seinem und an Renates Leben. Ein Happy-End kann nicht stattfinden: Storm läßt die Geschichte an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit spielen, und orts- und zeitgebunden haben die jungen Leute keine Möglichkeit, hier auszubrechen: zwar wird Renate als die souveränere Gestalt charakterisiert, die sich von derlei Gebundenheit lösen könnte, aber Josias kann in seiner sozialen und zeitlichen Gebundenheit diesen Schritt nicht tun. Allerdings sieht er im Alter seinen Fehler und damit seine Schuld ein. Vor dieser Erkenntnis war er ein Gehorchender, der einer Schuld ausgewichen ist, nach der Erkenntnis fühlt er sich schuldig, ohne natürlich es tatsächlich zu sein: genaugenommen ist er selber auch ein Opfer (der Kirche, der Moral, der Umwelt - wie man will). Zeitbedingt konnte Josias sich von seinem dem Vater gegebenen Versprechen nicht freimachen, letztlich ist er ein Opfer der lutherischen Religion. Dass alles falsch war, dass Renate ein "Engel", keine Hexe ist, erlebt Josias zweimal: als Jugendlicher in der Kirche und als alter Mann in Ostenfeld, als der "Engel" seiner Jugend wieder zu ihm tritt. Hier sich geirrt zu haben rechnet sich Josias nun selber als Schuld an und hofft auf Vergebung. Der Hexenwahn wird im Text schonungslos klar gemacht:
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Schwabstedt Kirchspielkrug, Kirche und Treene-Fluß: Schauplatz der Novelle "Renate". Aquarellierte Zeichnung von Julius Fürst. Aus: "Theodor Storms Welt in Bildern. Eine Bildbiographie", Heide in Holstein 1987, S.147 |