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Der Merkurkreuzer (1566) Icarus im Juni 1996

Ein seltener Besucher

Der 1949 von Walter Baade entdeckte Kleinplanet Icarus gehört zu den Apollo-Objekten, also zu der Gruppe von Asteroiden, die die Erdbahn kreuzen, aber deren Umlaufszeit noch größer als ein Jahr ist (1,12 Jahre). Mit einem Minimalabstand von nur 0,19 AE kommt er auf seiner Bahn der Sonne näher als der Planet Merkur (ist also ein Merkurkreuzer), daher auch sein Name und seine Bekanntheit. Der Durchmesser wird auf 1,6 bis 3,5 Kilometer geschätzt, die Rotationsperiode ist mit 2,273 Stunden bei einer Amplitude von 0,03 bis 0,18 mag normal.

Der durchschnittlich ausgerüstete Amateur hat nur selten eine kurze Chance, Icarus zu sehen, wird dieser doch zum Beispiel im ganzen Zeitraum 1970 bis 2020 nur zweimal heller als die 14. Größenklasse, erreicht aber selbst dann nur für wenige Tage die Spitzenhelligkeit 13mag (vergleiche dazu die Abbildungen). Die beiden erwähnten Spitzenhelligkeiten sind der Juni 1996 und der Juni 2015, klar, daß ich einen Versuch unternehmen wollte, Icarus im Sommer 1996 zu beobachten.

Helligkeit 1968-2020

Helligkeit 1990-2000

Helligkeit Sommer 1996

Ich beobachte mitten aus Heidelberg vom Fenster aus, habe also mit aufgehelltem Stadthimmel und Streulicht zu kämpfen. Zur Zeit der Beobachtung (die Nacht vom 14. auf den 15.Juni 1996) waren die Bedingungen vergleichsweise brauchbar, mit einer stellaren Grenzgröße um 4,5 bis 5m - so bescheiden wird man in der Stadt. Erschwerend kam aber hinzu, daß Icarus zur Zeit der Beobachtung nur ca 22 Grad hoch stand.

Mein Beobachtungsinstrument ist meist ein handlicher Celestron Comet Catcher mit 140mm Öffnung, aber für die zu erwartende Helligkeit kam nur das C8 in Frage, dessen elektrische Nachführung aber leider zu dieser Zeit defekt war. Das bewirkte natürlich einen recht stressigen Beobachtungsablauf. Die verwendete Vergrößerung war durchgehend 224x. Unverzichtbar zum Auffinden war für mich das Programm GUIDE 4.0, welches sehr genaue Asteroidenpositionen in Aufsuchekarten bis etwa 14m zeichnet und am laufenden PC in der "real-time animation" mitlief, so daß ständig die exakte Position von Icarus bekannt war. Da Icarus zum Beobachtungszeitraum sich mit einer Geschwindigkeit von ca 17'' in der Minute bewegte, ist klar, daß jede andere Aufsuchmethode sehr mühselig geworden wäre. Die folgende Abbildung zeigt die Bahn des Asteroiden während der ca 40 minütigen Beobachtungszeit. Bedingt durch die Lichtschwäche von Icarus und der umgebenden Sterne mußte ausschließlich extrafoveal (also mit indirektem Sehen) beobachtet werden.

Bewegung von Icarus

Mein Ziel war, mehrere Positionszeichnungen zu erstellen: zum einen gehört zu meinen Beobachtungsnotizen immer mindestens eine Skizze, zum anderen ist gerade bei Asteroiden die Dokumentation der Bewegung auch ein schöner Beweis für eine korrekte Identifikation. Als Beispiel sind zwei dicht aufeianderfolgende Beobachtungsskizzen gegeben, die die Bewegung von Icarus innerhalb einiger Minuten demonstrieren. Trotz genauer Einstellung von Zeit und Ort im Programm GUIDE 4.0 scheint Icarus sich etwas südlicher als auf der eingezeichneten Bahn zu bewegen.

Beobachtungsskizzen

Der Beobachtungsablauf war wie schon erwähnt stressig: anhand von GUIDE wurde die Gegend eingestellt, das Teleskop mußte ausschwingen, dann wurde konzentriert der sehr schwache Asteroid innerhalb der schwachen Umgebungssternchen gesucht, wobei sich das ganze Feld ohne Nachführung unangenehm schnell durch das Gesichtsfeld schob) und memoriert, sofort auf die Uhr geschaut und die Skizze möglichst schnell ausschließlich aus dem Gedächnis hingeworfen - ein Nachkontrollieren des Eindrucks hätte Icarus schon an einer geringfügig anderen Position gezeigt. Nach kurzer Verschnaufpause wurde das Feld im Teleskop wieder eingestellt und der Beobachtungskreislauf begann von neuem. Insgesamt 11 kleine Positionsskizzen wurden so innerhalb von ca 40 Minuten erstellt.

Faszinierend war es, während dem Beobachten schon die Bewegung von Icarus zu bemerken. Interessanterweise empfand ich die Bewegung nicht als stetig, sondern eher als ruckelig, wofür wohl psychologische oder physiologische Gründe verantwortlich sind.

Die Daten für die Diagramme wurden mit GUIDE 4.0 ermittelt. Dieses inzwischen in Version 7.0 verfügbare Programm gehört in seiner jeweils neuesten Version zu meinen unverzichtbaren Beobachtungsutensilien.


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Gestaltet von Béla Hassforther. Letzte Änderung: 31.03.2002
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