Der Mirastern R Leonis
Der Mira-Veränderliche R Leonis ist einer der beliebtesten Einsteigersterne überhaupt. Das hat mehrere Gründe:
- Er ist leicht zu finden, denn er befindet sich ziemlich genau fünf Grad westlich von Regulus innerhalb eines markanten Mini-Sternbildes. Mit einem typischen 10x50-Feldstecher hat man R Leonis fast noch im Gesichtsfeld. Damit ist die erste Hürde - den Stern zu finden - schon genommen.
- Der Helligkeitsbereich ist mit typischen 5 mag im Maximum und 9,5 mag im Minimum fast durchgängig mit einem Feldstecher zu verfolgen. Aufwendige Instrumente sind nicht notwendig. Im Maximum ist der Stern mit dem bloßen Auge sichtbar!
- Die Periode ist die eines typischen Mira-Sterns: ziemlich genau 310 Tage. Auch längere Schlechtwetterperioden machen einem die Erstellung einer schönen Lichtkurve nicht unmöglich.
- Der Stern wird als Einsteigerstern von nahezu allen Veränderlichenorganisationen empfohlen. Das bedeutet, dass es praktisch immer Parallelbeobachtungen gibt und man sich mit anderen vergleichen kann.
- R Leonis ist ausgesprochen rot: das erschwert zwar visuelle Schätzungen, macht aber den Stern zu einem beliebten Schaustück für Sternfarben, da der helle Nachbar 19 Leonis einen schönen Farbkontrast bietet (vgl. Abbildung 1).
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Feld 30' x 30' |
Feld 15' x 15' |
Abbildung 1) R Leonis ist der auffallend orangerote unten links auf der linken Aufnahme und unten mitte auf der rechten Aufnahme. Der blaue Stern ist 19 Leonis, 18 Leonis befindet sich auf der linken Aufnahme im oberen rechten Eck, Norden ist jeweils oben (USNOFS Image and Catalogue Archive) |
Wann man mit der Beobachtung des Sterns beginnt ist vollkommen egal: wenn er im Abstieg ist, beobachtet man halt das kommende Minimum, befindet er sich im Helligkeitsanstieg, kann man sich auf ein Maximum freuen. Ziel ist es sowieso, einem Stern treu zu bleiben und ihn jahrelang regelmäßig zu schätzen. Gegenwärtig (Anfang Februar 2003) ist der Stern im Abstieg und hat die Helligkeit 7 mag.
R Leonis hat eine enorm lange Beobachtungshistorie: er ist der vierte bekannte Mirastern überhaupt, und obwohl seine "offizielle" Entdeckung erst 1782 war, ist das erste beobachtete Maximum schon 1757 gewesen. Das bisher verfügbare Material ist weltweit von weit über 1000 Beobachtern gewonnen worden, und jeder neue Beobachter steht automatisch in einer inzwischen mehrhundertjährigen Tradition. Das BAV-Mitglied G.R.Hoeppe hat 1987 in einer aufwendigen Literaturrecherche alle verfügbaren Literaturstellen ausgewertet und in einem zweiteiligen Aufsatz die Daten von 145 Maxima und 107 Minima samt ersten Interpretationen veröffentlicht. Das interessante an langen Beobachtungsreihen ist die Möglichkeit, Veränderungen der Periode nachzuspüren und Trends bei den Helligkeiten von Maxima bzw Minima zu erforschen.
R Leonis ist ein Mirastern, ist also ein Mitglied einer Veränderlichenklasse, die sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Sternentwicklung befindet. Nach der Phase auf dem normalen Riesenast, wo die Veränderlichkeit der Sterne noch nicht so ausgeprägt ist, durchlaufen Sterne von einer bis zu mehreren Sonnenmassen auch noch eine Entwicklung, die sie auf den Asymptotischen Riesenast führt. Hier kommt es zu erheblichen Instabilitäten, die sich in Pulsationen äußern. Dabei ändert der Stern nicht nur seine Helligkeit, sondern auch seinen Durchmesser und seine Temperatur. Die Außenbereiche des extrem aufgeblähten Sterns sind dabei gravitativ kaum noch gebunden, weswegen er kontinuierlich an Masse verliert. Die abströmende Materie macht allmählich den Stern im Visuellen nahezu unsichtbar, dafür entwickelt er sich zu einer starken Infrarotquelle. Später, wenn ein Großteil der Masse abgeströmt ist und der Reststern immer kleiner und heißer wird, kann seine nunmehr kurzwellige Strahlung diese Hülle ionisieren, und ein Planetarischer Nebel ist geboren.
Soweit ist es mit R Leonis zwar noch nicht, aber eine Hülle läßt sich bei ihm schon nachweisen, mit modernster Technologie sogar direkt: Als heller und naher Stern (die aktuellste Entfernungsabschätzung setzt den Stern in eine Entfernung von 114 pc) ist R Leo ein beliebtes Beispiel zur Erprobung neuer Techniken. Eine erfolgversprechende Technik, extrasolare Planeten optisch nachzuweisen, wird sich der "Nulling Interferometrie" bedienen: Dabei werden zwei Lichtbündel eines Sterns leicht phasenverschoben so zur Deckung gebracht, dass sie sich gegenseitig auslöschen. Dieser Effekt betrifft aber nur das Zentrum des Feldes, die unmittelbare Nachbarschaft des Sterns bleibt weiterhin sichtbar. Eine Arbeitsgruppe um Philip Hinz hat dieses Konzept mit zunächst allerdings nur 97% Auslöschung an drei Sternen erfolgreich demonstriert, an Beteigeuze, Aldebaran und R Leonis. Dabei konnte der bisher nur durch Infrarotstrahlung nachgewiesene Nebel um R Leonis direkt abgebildet werden (Abbildung 2). Er ist allerdings bisher noch wenig größer als 1 Bogensekunde.
Abbildung 2) Der durch "Nulling-Interferometrie" direkt abgebildete Nebel um R Leonis
Mit den Fine-Guidance-Sensoren des Hubble-Telescopes haben sich - wiederum interferometrisch, aber nach einem anderen Prinzip - die Durchmesseränderungen von R Leonis und die asymmetrische Form des Sternes nachweisen lassen: derart aufgeblähte Sterne sind nicht mehr rund, sondern mehr oder weniger elliptisch. Diese Formänderungen machen übrigens die Parallaxenbestimmungen von Mirasternen sehr schwierig, denn das photozentrische Zentrum des Sternes weicht durch Rotation, Hot-Spots, Ausbeulungen und so weiter mehr oder weniger ständig vom eigentlichen Massenzentrum des Sterns ab. Im Lauf des letzten Jahrzehnts sind bodengebunden und durch das HST eine Vielzahl von Durchmesserbestimmungen gewonnen worden, typische Werte sind etwa 45 Milli-Bogensekunden im Visuellen und 30 Milli-Bogensekunden im Infraroten, wo man in tiefere Sternschichten sieht. Damit hat R Leonis im visuellen Licht einen Radius von deutlich über 400 Sonnenradien.
Die beiden letzten Beispiele sollten zeigen, dass R Leonis immer dann zur Stelle ist, wenn es darum geht, mit neuen Techniken alte Fragestellungen anzugehen. Jede Arbeitsgruppe hat übrigens ihre Danksagung an die Veränderlichenbeobachter geleistet, denn die aktuelle Phase zwischen Minimum und Maximum bestimmen am einfachsten immer noch die Amateure mit ihren visuellen Beobachtungen.
Abbildung 3) Animation zweier Aufnahmen aus Burnham, "Celestial Handbook"
Literatur:
GCVS-Daten (Stand: 02.02.2003)
Name |
GCVS-Nr |
Pos. (2000) |
Typ |
max |
min |
Band |
P(d) |
Spektrum |
Referenzen |
R Leo |
460001 |
09 47 33.5 +11 25 44 |
Mira |
4.4 |
11.3 |
V |
309.95 |
M6e-M8IIIe-M9.5e |
00001 00002 |
Cross-identifications: |
R Leo = BD+12 2096 = CRL1380 = HD84748 = Hip048036 = IRC+10215 = SAO098769 |
Ref. to a study of the star: |
00001 Authors of the Catalogue |
Ref. to a chart or photograph: |
00002 Variable Star Charts, AAVSO |
REMARK: P var. Max = 2385112 + 312.43d*E (JD2385100 - 2402500);
Max = 2402929 + 314.33d*E (JD2402500 - 11500);
Max = 2411416 + 308.93d*E (JD2411500 - 16500);
Max = 2416984 + 317.84d*E (JD2416500 - 22500);
Max = 2423328 + 312.75d*E (JD2422500 - 27000);
Max = 2427081 + 307.40d*E (JD2427000 - 30000);
Max = 2437337 + 312.13d*E (JD2430000 - 37500);
since JD2437500 - see Table. SiO, H2O, OH maser.
Acknowledgment:
This research has made use of the USNOFS Image and Catalogue Archive operated by the United States Naval Observatory, Flagstaff Station (http://www.nofs.navy.mil/data/fchpix/).
This research has made use of SIMBAD
Autor: Béla Hassforther.
Letzte Änderung: 07.10.2003
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